Weil ich tatsächlich eine unverhoffte extra Stunde Zeit habe und
gerade meine Schreibwut nicht für anstehenden Medien- und
Campusartikel verbraten will, schreibe ich hier, in der naiven
Hoffnung, dass noch irgendjemand liest.
Und zwar geht es um mein
Lieblingsthema: Die Zeit. Oder wie Ingrid Lausund es formuliert:
Zeit
- Die erschöpfte Schnecke wirft ihr Haus weg und flippt so richtig
aus!
In meinem Fall:
Aus dem Leben eines Produzenten
Es ist nämlich so, dass ich im Moment in der heißen
Planungsphase von drei Projekten stecke.
- Ein Jahrgangs interner Kurzfilm.
- Eine Ausstellung.
- Eine
Tagung.
Für alles drei wird natürlich vor allem Geld gebraucht. Hier ein
kurzer Überblick wie das ausschaut.
Um zehn Uhr früh, steth der kleine
Produzent/PR-Mensch/Journalist/Sponsorenakquisateur und
Leiter:Kommunikation auf. Er setzt sich an seinen Schreibtisch und
ärgert sich gerade noch darüber, dass er keine Milch mehr hat um zu
frühstücken, als erim Kopf schon die Alternative zusammenbaut und
sich einen Tee machen will. Aber erstmal ein bisschen in die Arbeit
rein graben, sonst vergisst man das über dem herrlichen Müßiggang.
- Dreizehn Sponsoren für die Tagung: Kontakt finden und
herstellen.
- Strom für den Drehort und Drehgenehmigung.
- Drei
Sponsoren für die Ausstellung nerven.
Beginnen wir mit dem kleinsten und nerven die
Ausstellungssponsoren.
Telefonat 1:
„Liebe Frau Irgendwie, schön, dass ich sie
erreiche. Ich dachte schon unsere Arbeitszeiten sind komplett
identisch – ja! Hahaha… Passen sie auf, in dieser Email die ich
ihnen geschrieben habe, habe ich bereits erklärt, dass... – Wie?
Ja, natürlich ich hätte sie auch einfach gelöscht. Hehe.
Jedenfalls, können wir jetzt vielleicht ins Gesch- Aber ja doch. –
Ja Das verstehe ich sehr gut – Wir können ja auch einen
nichtfinanzie- Vielleicht wenn wir- Oder können wi- Na, in dem Fall
wünsch ich ihnen noch einen Schönen Tag.
Und vielen Dank für
ihre Zeit.
Ihnen auch.
Tschüß.“
Telefonat 2:
„Hallo,
ich bins wieder. Ja, sie kennen meinen Namen schon auswendig, aber
trotzdem tun sie so, als wüssten sie von nichts. – Sie haben es
endlich an die richtige Stelle weiter geleitet? Prima! – Dann
wünsch ich noch einen schönen Tag. Vielen Dank für Ihre Zeit! –
Ihnen auch!“
Telefonat 3:
„Gehen sie nur einmal ans Telefon, sie
Arschloch!“
Dazwischen ein paar Sponsoren für die Tagung anschreiben. „Weil
sie so ein tolles Unternehmen sind und super zu uns passen, wollen
wir Geld von Ihnen“
Copy&PasteCopy&PasteCopy&PasteCopy&PasteCopy&Paste. Noch Neun.
Es wird Zeit für Strom.
Telefonat 4:
„Hallo, mit wem kann ich denn da sprechen, wenn ich Strom
brauch? - Vielen Dank!“
Die andere Leitung klickt. *In der Halle des Bergkönigs*
„Grüß
Gott.nuschelnuschlnuschl“
„Hallo mein Name ist Taugenichts und ich brauche Strom von
Ihnen.“
„Stellen sie einen Antrag.“
„Okay.... Wo?“
„Im Internet.nuschl“
„Okay.... Wo?“
„Auf unserer Seite ganz unten.nuschlnuschl“
„Okay. Danke. Wieviel wird das kosten.“
„Steht im Antrag.“
„Vielen Dank. Sie sind eine sehr freundliche Hilfe.“
Im Internet auf ihrer Seite ganz unten steht der Preis: Die
Pauschale für Installation: 440€. Die spinnen ja total. Für so
ein bisschen Baustrom... Also schnell ins ultimative
Organisationsnetzwerk – Facebook ein bisschen Panik verbreiten und
mit den anderen Produzenten reden.
Chat 1:
Ich: „Hey. Wir brauchen 500 Euro für Strom. Das ist zu teuer.“
Leitung: „Was? Das haben wir nicht. Ist zu teuer.“
Finanzen: „WAAS? Das haben wir nicht! Ist viel zu teuer! Wo soll
ich das hernehmen? Wir haben 700 Euro und das ist alles Eigenbetrag!“
Ich: „Tha.“
Leitung: „...“
Finanzen: „Das Studentenwerk hat uns 250 Euro gegeben. Das ist
so viel wies wird! Das geht doch alles nicht!“
Ich: „Ich schau mal was ich machen kann.“
Telefonat 5
„Hallo liebe Stromagent...firma... Menschen, wo man Strom bekommt.
Ich hab grade mit so einem mann geredet. Keine Ahnung mehr wie der
hieß. Ging um Baustrom. Krieg ich den nochmal.“
„Moment“
„Okay“
*In der Halle des
Bergkönig*
„Hallo, hier ist der
Mann mit dem sie gerade telefoniert haben.nuschlnuschl“
„Heeeey... Ich habe
mir das mal angeschaut und... naja. Wir haben kein Geld dafür. Ich
würde sagen, das ist ne gute Sache, die wir Produzieren. Gegen
Akohol in der Schwangerschaft und so. Du und ich? Partner? Was meinst
du?“
„Da bin ich ein
Rädchen zu klein. Ich verbinde sie mal mit der Chefin.“
ChefIN? I can do that...
„Hallo, hier ist die
Chefin?“
„Hellooooooo,
good-lookin'? Just you? And I? Watcha thinkin'?“
„Ach, sie Chameur, was
immer sie wollen!“
„Yesss! Geben sie mir
Baustrom!“
„Gebongt. Klären sie
die Details mit meinem Kollegen.“
*In der Halle des
Bergkönigs*
„Nuschlnuschl“
„Fuuuck.“
„Wie bitte?“
„Ja, ich bin hier. Wie
schauts aus?“
„Wir
brauchennuschlnuschl und einen nsuchl nuschl dann machen sie mir noch
einen nsuchnlnuschl wo nuschl und nuschln. Okay?“
„Ähm. Klar.... Was?“
„Nuschlnuschlnuschl“
„Okay. Also einen
Elektroinstallateur einen Lageplan und wieviel kW wir brauchen. Geht
klar. Wiederhören.“
Zurück ins Internet und
mit dem Erfolg prahlen:
Chat 2:
Ich: „Die Chefin ist
eine Frau!“
Leitung: „?“
Finanzen: „?“
Ich: „Ich konnte sie
bezirzen?!“
Finanzen: „Seriously?“
Ich: „Klar. Alte
Frauen sind meine Spezialität. Wir bekommen Strom umsonst. Aber wir
brauchen einen Elektroinstallateur.
Finanzen: „Puuuuuh....
Du machst mich glücklich!“
Ich: „Ach ja...? 8-)“
Leitung: „Okay. Dann
such mal einen Elektroinstallateur.“
Ich: „Klar. Aber erst
mach ich die Versicherung.“
Vielleicht auch erst mal
Essen. Aber es gibt immer noch keine Milch. Halb Eins. Facebook!
„Überarbeitet
Produktion hat vor Zwölf Uhr 500 Euro gespart. Will jemand der
überarbeiteten Produktion ne Milch vorbeibringen, damit sie
Frühstücken kann?“
und
"Das Stromproblem ist gelöst! Wir brauchen einen Elektroinstallateur!"
Zeit für Versicherung.
Chat 3:
Ich: „Heeey, Süße,
hattest du nicht für deinen Filmdreh in Indien ne wahnsinnig billige
Versicherung?“
Sandkastenfreundin: „ ;) *Link* Die
sitzen in Luxemburg“
Telefonat 6:
„Hallo, ist da
Luxemburg? Ja, hier ist Deutschland, ich brauche Versicherung und
habe kein Geld. - Nein, keinen Personenschäden. Nur Versicherung. -
Nein, die sollen selber damit klar kommen, wenn sie vom Dach fallen.
- Ja natürlich besteht die Gefahr. - Dreihundert Euro? Billiger
geht’s nicht? - Okay. Wiederhören.“
Chat 4:
Ich: „Wir brauchen 300
Euro für die Versicherung. Das ist zu teuer.“
Leitung: „Was? Das
haben wir nicht. Ist zu teuer.“
Finanzen: „WAAS? Das haben wir nicht! Ist viel zu teuer! Wo soll
ich das hernehmen? Das ist die Hälfte unseres Vermögens!“
Ich: „Tha.“
Leitung: „...“
Finanzen: „Das geht einfach nicht, die wollen uns alle kein Geld
geben und niemand mag mehr mit mir reden!“
Ich: „Fickt euch,
Leute, ich geh Milch kaufen.“
Zwei Uhr. Einkaufen. Frühsück. Frühstück
guuuut.
Telefonat 7:
„Hallo, Menschen die
uns netter Weise in ihre alten Gebäude lassen und noch nicht mal
Geld dafür wollen. Hier ist die Sache: Wir haben kein Geld und
können uns nicht versichern. Ist das cool, wenn wir trotzdem rein
gehen?“
„Ich klär das mal mit
der Frau die sich auskennt.“
„Okay.“
Dann passierte das
unwahrscheinliche und jemand ruft den kleinen Produzenten an. Noch
niemals hatte ihn jemand angerufen. Er wollte was von ihnen.
Also gut.
Telefonat
8:
„nuschlnuschlalso
ich hab mir das mal angesehen und das ist zu weit weg. Sie bekommen
da keinen Strom.“
„Fuuuuuuuck.“
„Wie
bitte?(nuschlnuschl)“
„Kann
man nichts machen. Schönen Tag noch.“
Ersteinmal Zeit für das tägliche fünf Minuten post-break up Telefonat mit der Rothaarigen. Und dann wieder nach Luxemburg.
E-Mail:
„Liebe
Frau in Luxemburg. Leider haben wir kein Geld. Wollen sie uns
trotzdem versichern? Nein? Schade.“
Und
wieder ein paar Sponsoren E-Mails.
Copy&PasteCopy&PasteCopy&PasteCopy&Paste. Noch fünf Sponsoren... Warum sagen die reichen lokalen Unternehmen denn schon ab? Am besten mal zu dem Profi gehen.
Chat 5:
Ich: "Meister, mich plagt eine Frage, die ihre Antwort sucht."
Der Meister: "Mein Sohn... Frag!"
Ich: "Buhuhuhu! Keiner mag mich, die wollen kein Geld geben, obwohl sie arsch reich sind!!! :((((("
Der Meister: "Ach warte mal, ich hab gestern mit der Pressesprecherin gegessen. Wie machen das anders. Schreib ihr morgen einfach HIER eine E-Mail. Sag ihr schöne Grüße und frag, ob sie was gegen die Erdbeernase machen kann."
Ich: "Ist das was Schmutziges?"
Der Meister: "Schon."
Ich: "Dann mach ich das gerne."
16 Uhr. Die Machenschaften des kleine
produzierenden Taugenichts wurde aprubt von der Vorlesung udn den anschließenden vier Stunden Ausstellungsbesprechung unterbrochen. Also schwang er sich auf sein eiserne Ross und
Hü-Hott! verschwand Richtung Hauptjob.
Aber seine Geschichte geht weiter und immer weiter...