Dienstag, 10. Juli 2012

Unitagebücher: Gerade genug zeit um Frauen zu retten


Da hat er doch glatt mal einen freien Nachmittag, der Taugenichts, und diese Zeit will natürlich gleich mal nutzen um von den stressigsten Wochen des Semester zu berichten.
Wie immer kommt alles zusammen. Vermutlich weil immer alles ist. Da wollen drei Klausuren nächste Woche geschrieben werden, jedes Wochenende ist ein Dreh für irgendwas, zwei Aufführungen, zwei mal Arbeiten und etwa ein Abend der für soziale Verpflichtungen frei gekämpft wird. Viel bleibt nicht. Das einzige entspannte ist das aufstehen, weil ich meistens doch erst um halb elf die Augen aufmachen kann, um dann noch eine Stunde zu schlafen. Darum geht das alles ziemlich gut. Weil es schon wieder zwei Wochen her ist, und ich mich wirklcih schlecht fühle, dass ich gar nichts mehr von mir hören lasse, ein paar Highlights.

1.) Journalismuskurs! Ein Blockseminar, das mich ein Wochenende gekostet hat. Ihr wartet darauf, dass ich erzähle, wie sehr das meine Zeit verschwendet hat, aber NEIN! Der Dozent, der selber sechs Tage die Woche selber freier Journalist ist, hat einen wirklich interessanten Einblick in den Job geboten. Ich bin da eigentlich nur hin, weil ich alle Seiten des Schreibens lernen will, und damit lag ich wirklich Gold richtig. Als er fragte wer hier so warum ist und ich meinte, dass ich keinerlei Ambitionen habe Journalist zu werden, war er zwar etwas verwundet, aber meine Erklärung, dass alles Geschreibe der gleiche Scheiß ist fand er relativ einleuchtend.
Im Laufe des Kurses mussten wir einen Artikel schreiben der innovativ ist, eine neue Perspektive hat, aber trotzdem mit einem Thema zu tun hat, das im Moment interessant ist. Ich wählte Facebook/Datenklau/usw. Und nahm mir einfach mal vor einen Typen zu verfolgen und schauen was ich mehr (oder weniger) herausfinden kann, als über Facebook. Drei Stunden lang habe ich mit meinen beiden Mitstalkerinnen Leuten nachgestellt und das Ergebnis war seeehr interessant. Aber davon werdet ihr lesen, wenn wir den Artikel veröffentlichen.
Der selbe Dozent hat auch gesagt, dass Hass und Wut ein guter Antrieb zum Schreiben sind. Ich fühle mich bestätigt.

2.) Es ging wieder ein Aufschrei durch die Reihen der Theater und Medien Studenten, weil sie glaubten sie bekommen weniger Praxismöglichkeiten, als ihre Vorgänger. Was natürlich totaler Schwachsinn ist. Niemand nimmt die Leute an der Hand und verpflichtet sie etwas zu tun, aber die Möglichkeiten wären da. Ich habe bestimmt vier Debatten in der Richtung mit der „Einfach machen“ Philosophie erklärt. Eine Lebensweisheit, die sich jeden Tag wieder und wieder als das beste, das mir passieren konnte herausstellt. Bei der Studiengangsvollversammlung haben sich zu meiner allergrößten Fremdscham trotzdem einige Leute aufgespielt. Die Wiederlegungen der Dozenten und höheren Semester beinhalteten alle an der ein oder anderen Stelle die Phrase „einfach machen“. Ich fühle mich bestätigt. Die Diskussion ebbte ab, als ich, als Judas in den eigenen Reihen und Vertreter der sinnig-schweigenden Minderheit ein „Gelaber!“ sang und der Gegenseite ein überlegenes Grinsen ermöglichte. Ich bin ein schlechter Mensch.

3.) Ich liebäugle gerade mit einem Auslandssemester in Montreal oder Paris. Es gibt auch einige andere Optionen, für die man vielleicht kein Französisch können muss, aber die dazugehörige Webseite geht erst irgendwann Heute online, so Gott will. Eigentlich hatte ich das nicht vor, weil ich nichts von der „Lehre“ verpassen will, aber nachdem ich bei der Teilnahme an der Lehre leider einfach die knapp bemessene Lebenszeit verpasse, die mir unter der Sonne gegeben ist – ihr redet hier mit einem sterbenden Mann, ich hab nur noch sechzig, höchstens siebzig Jahre zu Leben! - dachte ich mir mal wieder „einfach machen, wird schon krachen.“ und fühlte mich wieder bestätigt.

4.) Gestern Abend war der Polizist bei mir und wir haben uns wieder gepflegt zulaufen lassen. Erst in meiner Stammkneipe, dann auf der Geburtstagsfeier der Kollegin und dann daheim. Bei der Geburtstagsfeier hatte ich übrigens die Gelegenheit eine Damsel in Distress zu retten.
Es ist eine relativ heldenhafte Geschichte, in der es hauptsächlich darum geht wie ich mit der innewohnenden Kraft und Bestimmtheit meines Vaters und der gelassenen Vernunft meiner Mutter den Tag gerettet habe. Oder zumindest erzähle ich es so. Was wirklich passiert ist, werdet ihr nie erfahren, aber wie immer ist meine Nacherzählung das Nächste an der Wahrheit. Wenn ihr jedenfalls genug daovn habt, dann hört halt auf zu lesen.
Mit der Kollegin stand ich auf der Straße vor dem Irish Pub unseres Vertrauens. Ich sagte gerade irgendetwas, dass in meinem Kopf wahnsinnig unwiderstehlich war, und sie dahinschmelzen lassen sollte, aber mehr als ein verlegenes Lächeln und Schamesröte – Immerhin nicht unterlegt mit einem nervösem Lachen – habe ich nicht bekommen. Diese Schamesröte, ein göttlicher Anblick, nebenbei bemerkt, fiel auch zwei Passanten auf. Der eine begann vor Begeisterung zu schreien, sie solle sich nicht hinter der Frisbischeibe verstecken, sie sei so schön und der andere kam ihr eine Sekunde später – vor trunkener Begeisterung über das Antlitz, dass weit mehr als tausend Schiffe gerufen hätte. Mit einem mal war er erschreckend Nahe an ihr, was mich in meiner geistigen Gegenwart (vermutlich eher Abwesenheit, es sei erwähnt, dass der Polizist die Treppe hoch, um die Ecke in der Kneipe, weit außer Hörweite war) legte ich meine Hand an seine Schulter und entschuldigte mich erst einmal höflich.
„Ich mach doch nichts,“ sagte der imposante Fremde.
Ich warf besagte Gelassenheit meiner Mutter an und die Bestimmtheit meines Vaters und erklärte, dass es Grenzen gäbe. Der Mann war ein wenig kleiner als ich, aber mindestens dreimal so breit. Erst jetzt drehte er sich zu mir um und musterte mich mit diesem „Was hast du gerade gewagt zu tun?“-Blick. Zum Glück war ich zu betrunken, um die Ernsthaftigkeit der Situation zu bemerken. Also konnte ich ohne mein Cool zu verlieren alle Judogriffe durch, die ich noch kannte. Er richtete sich auf und war ohne größer zu sein plötzlich größer als ich. An meinem Zustand änderte sich nichts. In keinem Moment sah ich eine Bedrohung für mein Leben oder mich. Revierverteidigung an. Hirn aus. Die Sache wird hässlich.
Einen kleinen Schritt ging er auf mich zu, jetzt überrascht und verwundert.
Dann begann er zu lachen. Dieses erlösende Lachen, das plötzlich alle Spannung zum Guten auflöst. „Behalte dir den. Normalerweise würde ich Leute dafür in den Brunnen stopfen,“ sagte er zu meiner Kollegin und sein Freund nickte ernst. Der breite Mann wiederholte, dass sie mich bloß behalten sollte, und der andere versicherte nochmal, dass sie ihre Schönheit nicht verstecken sollte.
Jetzt war es eher die Matchocoolheit meines Vaters, weniger die gelassene Deeskalationscoolheit meiner Mutter, die sich wieder zur Kollegin wand und sie darauf hinwies, dass beide Recht hätten.
Liebe Eltern, ich habe alles was ich für mein Leben brauche von euch gelernt. Ihr könnt nichts dafür, dass die Jungfrau in Nöten Rettungsversuche nicht mehr ernst nehmen und man nicht einmal mehr so etwas einfaches wie ein Tuch als Zeichen ihrer Gunst bekommt. Nur die Röpte im Gesicht, die wird mir immer vor Augen bleiben können.
Noch so viel Arbeit liegt vor mir.

Einiges dass ich noch erzählen könnte, aber ich will den zwei Seiten Rahmen mal lieber nicht sprengen. Machts gut.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen