Donnerstag, 13. Dezember 2012

Unitagebücher: "course truth is: as a base of operations, you cannot beat a fucking saloon"



Als ich von einem gar nicht mal so langweiligen Poetry Slam zurück kam wurde ich von der alten Taugenichtsin gefragt, wieso zur Hölle wir uns zum arbeiten immer in meiner blöden Stammkneipe treffen müssen. Ich konnte mir nicht verkneifen ein bisschen historisch zu werden. Ihr müsst wissen, als Einsteiger in das Gastronomiegewerbe habe ich die Größen des Faches gründlich studiert. Ich antwortete ihr wahrheitsgetreue: "Nur weil es direkt bei mir ums Eck ist und ich das Bier für 1,20 bekomme," natürlich konnte sie dagegen nichts sagen was nicht genauso egoistisch gewesen wäre, trotzdem setzte ich mit den Worten des obersten Gastronoms von allen nach: "and of course truth is, as a base of operation, you cannot beat a fucking saloon." Al Swearengen hat viel für Kneipenbesitzer auf der ganzen Welt getan.

~

In der Küche schlägt der Chef auf ein Glas Irgendwas ein.
"Wieso verprügelst du deine Küchenutensilien?"
"Sei lieber froh, dass ich nicht dich verprügel."
"Okay." Ich lege ihm eine Essensbestellung hin.
"Hab ich dir heute schon gesagt, dass du nervst?"
Tatsächlich nicht. Sehr ungewöhnlich
"Tatsächlich nicht. Sehr ungewöhnlich..."
"Dann wirds aber Zeit."
"Ich hab Hunger. Mach mir Geschnetzeltes mit Pommes!"
"Ich dachte du magst keine Pommes?"
"Tu ich nicht. Aber es ärgert dich immer so sehr, das Zeug machen zu müssen."
"Machs dir selber."
"Dann mach ich mir jetzt ein Knobi."
"Und wen interessiert des?"
„Mich. Mit mir hast du eine schlechte Bedienung UND ein running commentary. Hier will noch jemand ne Currywurst."
"Und?"
„Ich dachte das interessiert dich vielleicht.“
„Ne. Ach, das nächste mal, wenn jemand Baccardi-Cola bestellt, nimmst du ein Whiskeyglas mit nem Eiswürfel.“
„Aber das ist doch nichtmal Whiskey drin!“
„Ja und? Mer nimmt halt die Gläser!“
„Und Eiswürfel? Das schmeckt doch scheiße!“
„Es soll ja net dir schmecken. Niemanden interessiert des.“
Toejora.“
„Was heißt das?“
„Jawoll.“ (Das war gelogen.) „Oh, wenn wir grade dabei sind uns anzuschreien, ich dachte-„
„Du sollst net denken, des endet nie gut.“
„...ich dachte ich mach jetzt einfach Schluss, weil ich keine Lust mehr habe und du auch mal was arbeiten kannst.“
„Sag ich doch, endet nie gut. Du hast vergessen ‚Pommes‘ zur Schaschlikpfanne an die Tafel zu schreiben. Da kennt doch keiner die Beilage dazu.“
„Ach, die wissen das doch inzwischen…“
„Ja, die Stammgäste schon. Aber was is mit den neuen Gästen?“
„Neue Gäste? Die hab ich hier ja noch nie gesehen.“
„Na, wie willstn die gesehen haben, die waren ja noch nie hier.“
„ … well played, old man.“
Ich wackelte von der Küche in die Kneipe, um Besteck in Servietten zu rollen. Die Tochter eines Stammgast wollte etwas trinken und fragte ihren Vater.
„Krieg ich noch ne Limo?“
„Geh rüber zum [Taugenichts] und bestell dir eine. Aber warte noch ein bisschen. Im Moment arbeitet er. Das ist selten genug. Wenn er schon mal was tut, lass ihn in Ruhe!“
„Das hab ich gehört“, warf ich ein.
Ein andere Stammgast meinte: „Was meinst du? Wann bekommst du deinen Schnitt denn endlich?“
„Ach, der hat ja auch noch andere Gäste, er bringts mir schon, wenn ich dran komm.“
„Glaub ich nicht.“
„Ich stehe zwei Meter von euch entfernt, ich kann euch hören. Hier hast du dein Bier. Dauert ein bisschen länger gerade, weil das Fass bockt.
Der spottende Gast macht den Mund auf, ich fall ihm ins Wort: „Oder es liegt an der inkompetenten Bedienung.“

~

Inzwischen hat sich die Stammkneipe ganz langsam als Stammkneipe für den Klüngel der Komillitonen mit denen ich mich umgebe herauskristallisiert. Das macht mich froh. Trotz Widerworte des Chefs versuche ich in einer frei werdenden Stelle noch eine von uns hinein zu drängeln. Das wäre ein Riesenspaß, damit die Kneipe weiterhin in unserer Hand bleibt. Natürlich wille s das Schicksal nicht so, dafür ahbe ich jetzt eine neue sehr nette 1,89(!) m große Kollegin.
Trotzdem hält uns das nicht davon ab einen Stammtisch auf zu machen. Weil das Leben manchmal gütig und schön ist.
Etabliert hat sich das mit dem Kameraden Mauricius und der Nachbarin. Es wurde zur Tradition uns Mittwoch abends auf die Donnerstagsübung "Inszenierungsanalyse" vor zu bereiten. Sah so aus, dass Nachbarin & Ich ein bisschen Ideen in einen Laptop gehackt haben und Mauricius das ganze dann vollkommen gemacht hat. In der Zeit, die der sehr perfektionistische und nicht weniger geniale Mann braucht, fallen wir dann mit Zeichenkohle über weißes Papier her. Ich rotze ein Gerüst auf das Blatt, die verfeinert und ich gebe dem Ganzen am Ende Ecken und Kanten. Klare Aufgabenverteilung. Leider auch ein Armutsgeständnis, weil wir nur zusammen was hinkriegen. Gerade arbeiten wir an einer Reihe von ca. 24 Portraits, die alle durch ein Merkmal anders werden. (Alles von Große Augen bis hin zu Tentakel) Vielleicht wirds ja was.'
Anyway: Gestern war dieser Tisch bereits neun Mann groß. Das ist bereits ein Drittel unseres Studiengangs. Es macht mir Freude.
Und bald haben wir wieder die Herrschaft.

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