Donnerstag, 12. Januar 2012

Gefasel: Was meine Augen nicht sahen, als es meinen Fingern gewahr wurde

Und meine Augenlider fallen langsam zu, versperren mir den Blick durchs Fenster auf die winterliche Landschaft. Der warme Tee in meinem Bauch und die wohl klimatisierte, ruhige Atmosphäre des ICE spielen zusammen. Ich ziehe meine warme Jacke über meine Schultern und schlafe schon beinahe ein. Die lautlose Fahrt ins Land der Träume wird nur begleitet vom Tastengeklapper eines Laptops. Ich habe die anonymen Gesichtslosen gut kennen gelernt, die mit ihrer verklemmten Ruhe, die Stille tragen, deren verschwommene Gesichter nur die Schwummrigkeit meiner geschlossenen Augen steigern.
Ich interessiere mich nicht weiter für sie, denn meine Gedanken liegen woanders. Hier direkt neben mir, wo ich deinen Atem spüre. Deinen ruhigen, gleichen Atem. Wie auswendig gelernt hallt er in meinen Ohren wieder und erinnert an die unendlichen Stunden, in denen ich dir beim Schlafen zusah. Meine Hand gleitet unter der Jacke hervor und sucht deine. Langsam, ganz langsam, ich will dich nicht wecken. Vorsichtig forschend nach der Wärme deiner Haut, der meine Fingerspitzen schon gewahr sind, nach der sie pickend lechzen, sich sehnen, es kaum erwarten können in die wohl vertraute Umgebung deines warmen Bluts wieder ein zu ziehen, meinen sie bereits die offene Tür zu sehen, deine Präsenz hier neben mir zu spüren, wo du doch so eindeutig sitzen musst, wenn gleich meine Finger deine Hand berühren- „Die Fahrkarte, bitte!“ „Ja, natürlich“, antworte ich müde und schiebe meine Jacke von mir auf der Suche nach der Fahrkarte irgendwo im durchwühlten Berg aus Taschen und Klamotten neben mir.

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