Dienstag, 15. November 2011

Seriengefasel: Die blaue Blume

„You're just saying that because you're in love with Yasmin Bleeth!“
„How can anyone not be in love with Yasmine Bleeth?“ - Friends, Joey and Chandler


Die von euch, die die literarische Epoche des Romantik in der Schule gehabt haben erinnern sich vielleicht an die blaue Blume. Wenn ihr sie wie ich aber wieder verdrängt habtund frühestens zum LK wieder ausgegraben habt (Nachdem niemand von euch den Anstand hatte anständig die Germanistik zu studieren, (Anständig = mehr als nur ÄDP und das bisschen Linguistik das dranhängt) nehme ich an, dass das jetzt schon eine Weile her ist. Also - Here are a few things you might need to know, or maybe just forgot:

Niemand geringeres als Novalis, der vielleicht einzige Autor der Romantik, der nicht wirklich in die schwarze Romantik geriet, aber trotzdem cool war, (woran erkennt man coole Autoren? 1. Unglücklich verliebt. 2. Das Leben lang krank. 3. Jung gestorben. Richtig. Goethe ist kein cooler Autor.) schrieb in seinem Roman „Heinrich von Ofterdigen“ wie ein Jüngling zu einer versteckten Höhle schwimmt in der sich jede Menge bunte Blumen befinden. Er aber sucht die eine lichtblaue Blume. Die Blume ist das einzige an das er denken kann. Er nähert sich der Blume und es erblüht in ihr das wunderhübsche Gesicht einer Frau. Er beugt sich vor, will sie umfassen und küssen – als ihn die Stimme seiner Mutter weckt.
Seitdem ist die blaue Blume (unter vielen anderen) ein Symbol für Sehnsucht und Liebe. Auch für die Natur, die Fernwehe, Reiselust, die ultimative Schnittstelle zwischen Geist (Traum), Natur (Blume) und Mensch (Gesicht), und damit die Suche nach dem eigenem Selbst und diesem ganzen Käse, aber ich will mich auf die Verbindung zwischen Sehnsucht und Liebe verbinden, weil da meiner Meinung nach alles abgedeckt ist: Die Suche nach (Dumain an) “der zweiten Seele meines eigenen Ichs“ (Dumain aus), die Vervollständigung des eigenen Seins.
(Exkurs: Unser NDL Dozent hatte mal einen Vortrag gehalten, den er „Eine tote Frau ist eine Gute Frau“ nannte. Dazu muss man sagen, dass es um die Literatur der Romantik ging. Er wollte das Phänomen erläutern, dass eine Frau, die mit dem Protagonisten glücklich ist nicht spannend ist. Da steckt kein „Drive“ dahinter. Wenn sie tot ist, dann ist das ziemlich krass und endgültig und der Künstler kann schön rumheulen und schreiben. Analog dazu sagte Mondrian mal (Auf dem Kopf...): „Jedes vergeudetet Sperma ist ein vergeudetes Kunstwerkt.“ Ich will das unkommentiert lassen.) - Der Germane (= Grammatiknazi expanded)

Für mich also geht es um ein Bild, eine Vorstellung, eine Idee, - Der Fasler
eine Illusion. - Der Misanthrop
Dieses ziehen im Herzen, das Verlangen danach etwas anderes zu Sein als man ist, etwas anderes zu haben als man hat, an einem Ort zu sein, der nicht hier ist. Die Sehnsucht. - Der Fasler
Ja, aufmerksame Leser haben bemerkt, dass ich eigentlich erst jetzt einsteigen könnte. - Fireladder Productions

Ich psychologisiere irgendwie rum: Etwas fehlt einem, man fühlt sich nicht komplett und beginnt zu projizieren  sehen oder finden das in irgendetwas, das vielleicht sehr bewusst unerreichbar oder unbekannt ist. Wir träumen davon, dass wir irgendwo anders wohnen, obwohl uns der Verstand sagt, es wird da auch nicht besser. Hilft alles nix. Wir träumen weiter. In Serien ist ein beliebtes Mittel um Zuschauer vor den Fernseher zu ziehen. Der Fan sehnt sich nach einer Fiktion.
Das geht am leichtesten, ich berichte natürlich nur aus Männerperspektive, indem man einen Protagonisten mit Identifikationscharakter hat (mehr Chuck, weniger Hank Moody), der sich unglaublich in eine Frau verliebt. Diese Frau muss gut Aussehen und alle Klichees der Oberflächlichkeit bedienen. Wenn es geschickt gemacht ist, werden manche(!) Zuschauer, wie der Protagonist, solange er sich nur lange genug nach ihr verzehrt, ein sehnsüchtiges Verlangen nach der Frauenrolle entwickeln, dass meiner Erfahrung nach – und das finde ich Interessant – nach einiger Zeit gestillt wird, wenn der männliche Protagonist sie bekommt.

Ein exzellentes Beispiel dafür sind, und darum komme ich da jetzt auch drauf, Kristin Kreuk als Lana Lang in Smallville und Yvonne Strahovski als Sarah Walker in Chuck. Lana Lang (Kristin Kreuk) ist in Smallville Clark Kents alias Supermans Highschoolcrush. Als solche ist sie Hauptaugenmerk des Protagonisten und damit der Serie und natürlich des Zuschauers. Nun ist Smallville ja einer der Serien die ihre Haltbarkeit mit zehn Staffeln weit überschritten hat. Ich erinnere mich, dass ich einer meiner Winterkrankheiten angefangen hatte die Serie zu sehen und mich durch die ersten vier bis fünf Staffeln binnen kürzester Zeit geschlungen habe. Im Laufe der folgenden Jahre habe ich es bis Ende zur siebten Staffel geschafft, die Sache dann aber eingeschläfert. Am Ende der siebten Staffel verschwindet Lana Lang auch aus der Serie, allerdings verliert sie schon lange davor ihren Reiz und es wurde höchste Zeit, dass sie geaxt wird. Warum sie das tut kann ich in der Retroperspektive nicht mehr sagen. Sie rückt einfach in den Hintergrund, und es passiert viel zu viel in der viel zu langen Serie. Trotzdem kann ich ein Teil von mir ihren Abgang nie verzeihen, denn wenn die Sehnsucht nach der blauen Blume einmal geweckt ist, geht sie nicht mehr fort, verblasst vielleicht, aber wird nie vergessen.
Der letzte Bamberger berichtet übrigens, dass er in Smallville immer im Team Chloe Sullivan war, während ich Lana Lang immer viel cooler fand. Das ist also vermutlich eine Typsache, was meine Theorie unterstreicht, dass man eine blaue Blume als Produzent in seiner Show nicht kontrollieren kann.
Sarah Walker in Chuck ist viel kurzlebiger. Sie verliert ihre Reize auch viel früher. Bei mir war es der Auftritt von eben jener Kristin Kreuk als Hannah. Im Ernst. Sie war einfach viel cooler. Wenn Chuck Sarah Walker dann bekommt, nachdem er Hannah abgewiesen hat (Oh Chuck, how could you?) ist es einfach nicht mehr dasselbe.

Manchmal funktioniert es auch mit überaus reizenden Protagonistinnen. Elfenlieds Lucy soll ihren Typen bekommen und genauso will man, dass Jaye Tyler endlich an Eric (with a „C“, no „K“ no „Q“) kommt. Das wäre ein Indiz für meine Projektionstheorie. Es scheint also gar nicht so sehr die Sehnsucht nach der Person zu sein, sondern nur der Sehnsucht nach dem Glück der Protagonisten. Vielleicht versetzt man sich aber auch in die Lage des männlichen Gegenübers, wobei ich „Eric“ nie besonders toll fand. Eher so normal.(„His ass is ringing.“)

Es geht aber auch ganz ohne Liebesgeschichte. Manchmal funktioniert es auch ohne. Dann sind es einfach nur coole Charaktere, die auftreten und den Zuschauer mit offenem Mund sitzen lassen. Ich erinnere mich zum Beispiel sehr gut daran, wie jede Szene in der letzten Angel Staffel nur halb so cool war, wenn die herrlich sarkastische und ein bisschen böse Eve aka Sarah Thompson nicht dabei war. Genauso war eine Szene ohne River in Firefly zwar immer noch grandios, aber einfach nicht die Spitze der Serie.

Und jetzt nehmen wir die Frau aus der Rechnung. Bisher sieht das alles sehr nach romantischer und erotischer Unzufriedenheit aus. Das ändert sich sobald man sich weiter umsieht und bemerkt, dass ein „Boycrush“ genauso funktionieren kann, und das Geschlecht nur auf der Oberfläche damit zu tun hat: Firefly ist nicht ganz so prima – immer noch prima, klar – wenn Jayne nicht da ist. Wer Spike in Buffy nicht schon bei dem Satz „I kinda like [weapons], they make me feel all manly!“ geliebt hat, ist aller, aller spätestens nach seiner Rückkehr in Staffel 4 im „Team Spike“.
Wenn nicht, kann ich mir leider nicht erklären was eure Eltern falsch gemacht haben.

Warum ist das so? Eine neue Theroie, die leider nur das bleiben kann, ist die, dass das alles Rollen sind, die nicht vollkommen geklärt sind, über die man nicht sehr viel weiß, und die man gerne öfters dabei hätte. Julias Sark – Mr. „My loyalities are flexible.“ – ist auch eine Gestalt, die durch ihr Auftreten die Folge einfach verbessert. Auch er ist ungeklärt, mysteriös und irgendwie cool. Die „Angel“-Autoren haben in den letzten beiden Staffel der Serie solche Rollen übrigens perfektioniert. Eine ganze Reihe an Charaktere erscheint, die nur selten mitspielen und einfach nicht oft genug da sind! Nina kommt viel zu spät dazu, Gwen ist zu selten da und auch der Groosalugg verschwindet zu früh von der Bildfläche. Lindsey  ist so badass, dass man ihn am liebsten aufs Brot streichen würde und fangen wir gar nicht mit Drogyn an. (Im Ernst! Was ist sein Problem?)
Was steckt also hinter dieser Sehnsucht nach einer fiktiven Gestalt? Ist es der Verlangen nach Liebe? Ist man unzufrieden mit seinem Leben? Versucht man eine Leere zu füllen und projiziert das in einen erfundenen Raum? Ist das dann die Kehrseite der süßen, betäubenden Realitätsflucht, welche die Welt der Serien sind? Und wann wird es zu Realitätsverlust? Wenn uns in Wirklichkeit etwas anderes fehlt,

Ja. Das sind so die Gedanken, die ich mir passieren, wenn ich mich durch imdb oder tvtropes klicke. - Der Serienjunkie

10 Kommentare:

  1. 1) "Heinrich von Ofterdingen" ist mit Sicherheit das albernste und prätentiöseste Buch das ich nie gelesen habe!

    2)Lies lieber mal was Ordentliches. Lies "Parzival" oder, wenn's unbedingt "romantisch" (;-)) sein muss, "Tristan und Isolde". Die Blaue Blume umfasst nichts, was es nicht auch schon in der Minnegrotte gegeben hätte... und da hundertmal vielschichtiger, gelehrter und durchdachter präsentiert.

    3) Meine Mittelalterlichen Autoren treten die Hintern deiner kränklich-blasierten Romantiker all over the place!

    Novalis: "Soll nicht die dichterische Leier tönen // Dem König der den Frieden liebt // An Kriegesschall nicht kann sein mildes Ohr gewöhnen // Und sich bei..." WOLFRAM: "Schildes ambet ist mîn art und ich kan deheinen buochstap - also weiche vor meinem Breitschwert du LUTSCHER!"

    4) Right you are about Hannah!

    5) Dem Reigen der illustren von dir präsentierten Gestalten müsste man in jedem Falle noch Gul Dukat und Garak aus DS9, Gus aus Breaking Bad, Benjamin aus Lost sowie alles was Mark Sheppard in BSG, Firefly oder Dollhouse gespielt hat, hinzufügen. Sicherlich ließe sich die Liste noch massiv erweitern...

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  2. An so einer Stelle habe ich das selbe Probleme wie jede Ökumene (Ich meine die reale Ökumene, nicht die coole Fundamentalisten-Ökumene aus Yiu).
    Will ich an den Punkten anknüpfen, über die wir uns einig sind, oder lieber da weiter streiten, wo wir es nicht sind?
    Ich beschließe die Diskussion auf nächstes Semester zu verlegen, wenn ich auch die ÄDP durchaus studiert habe und zumindest ein bisschen eine Ahnung habe wovon du sprichst. Bis dahin sei gesagt: "Caveman win." (Na? Naaa? Naaaaaaa?)
    Ansonsten kann ich nur sagen: Ich freue mich ob der Übereinkunft! Die Liste ist wahrlich lang, wenn wir schon bei BSG sind, könnte man gerne auch noch Cally und natürlich Karl frakking Agathon hinzufügen, der meiner Ansicht nach der einzige Mann am Bord war, der ein bisschen common sense behalten hat. Mindestens bis er Vater geworden ist.
    Und wenn wir schon beim ergänzen sind: Skins Cassie, Dollhouse' Alpha, eine Menge an Charakteren aus Lost und Gilmore Girls und natürlich Ned Stark... Aber all die kommen nicht an die Magie heran, die die bereits genannten entfesselten!

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  3. Voll des Dankes, dass du dich der bewährten Problemlösungsstrategien der "coolen Fundamentalisten-Ökumene aus Yiu" enthältst:
    http://www.youtube.com/watch?v=jAAWxDNR2ic


    PS: Mit Cally stand ich immer eher gleichgültig gegenüber, auch wenn ihr Ende natürlich herzzreissend war. Bei Helo hast du wiederum völlig recht!

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  4. Und was ich noch vergessen habe: YAY Caveman win!

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  5. Ich weiß nicht, ob die Botschaft, die ich senden wollte richtig angekommen ist: Caveman, als das alte, urzeitliche gewinnen, wie die ÄDP meinentwegen der NDL voraus ist. Zumindest vorerst.
    Die Diskussion hat übrigens einen eigenen TV-Tropes Eintrag hervorgebracht.
    --> http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/CavemenVsAstronautsDebate

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  6. Doch, doch ist angekommen. Aber so wie du das sagst, klingt das als sei das was Schlechtes...? :P

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  7. Und warum eigentlich immer ÄDP? Also mit P? Bei uns heißt das ÄDL und NDL...

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  8. Ich gestehe nur das Recht des überlegenen Wissens ein! Das ist noch nicht vorbei...

    Bei uns sagt man meistens Ältere deutsche Philologie. Vermutlich damit es sich mehr abhebt. Vielleicht haben sie auch etwas dagegen "nur" als Literaturwissenschaft bezeichnet zu werden.

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  9. Ah, ok... wir haben halt für die Linguistik nen eigenen Lehrstuhl... ;P

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  10. Den haben wir schon auch. Ein Grüppchen an sehr klugen Damen, die alle sehr mütterlich, um nicht zu sagen hausfraulich, wirken.
    Vielleicht will der Lehrstuhl ja nur anders und cool sein? Oder eben betonen, dass sie keine Literaturwissenschaft sind...

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