Dienstag, 6. Dezember 2011

Unitagebücher: Vom Warten in der Universitäsbibliothek

Ich bin so müde. So unglaublich müde.[1]

Im Moment sitze ich in der Unibib[2] und stelle eine blinde Bibliographie für ein Referat mit anschließender Hausarbeit[3] zusammen und kreiere den besten Freund eines NDL[4]-Studenten. Einen Epochenüberblick. Das alles mit dem Wissen, dass Epocheneinteilungen Schwachsinnig sind, und ich nicht die Hälfte der Bücher, die ich mir aus ganz Deutschland herschicken lasse, gebrauchen kann. Trotzdem sind es Dinge die ich tun muss, um zum Ziel zu kommen. Ein Umweg über „liminale Zustände“, wie Christoph der Ältere[5] vielleicht sagen würde. Hätte ich meine Literaturgeschichte dabei, könnte ich noch ein bisschen mehr an der Übersicht arbeiten (Ich habe bereits einen Plan es auf ein Stück Tapete zu visualisieren! Ich sehe Titel unter Autoren, Epochen unter einem Zeitstrahl...) und wenn ich nicht schon alle[6] Bücher zum Thema aus unserer Bibliothek geliehen hätte oder sie ein wenig größer wäre und ich nicht auf Fernleihen angewiesen wäre, könnte ich da weiterarbeiten. Leider ist dem nicht so. - Der Student

Während ich also eine Stunde zur nächsten Vorlesung warte und mit dem Gedanken spiele einfach nicht hin zu gehen (Filmeklassiker. Sehr fakultativ.), überlege ich mir mal wieder etwas zu schreiben. Aber meine Ideen, die sich langsam an stauen und sich gegenseitig über die Klippenkante drängen wollen nicht so richtig durch meinen müden Schädel. - Der Autor

Ich bin außerdem dafür zugängliche Schlafsäle an der Uni einzurichten. Vielleicht unter der Bibliothek in der Erde? Wo es dunkel, kühl und ruhig ist... - Der Bademantelmann

Heute habe ich außerdem wieder so eine dieser Busfahrten hinter mir, die inzwischen zur Gewohnheit werden. Es ist sehr hilfreich sich die Mütze einfach über die Augen zu ziehen und damit jeglichen gezwungene sozialen Kontakt zu vermeiden. - Der Misanthrop

So, im running out of stories! Natürlich kann ich euch noch erzählen, wie die Premiere unseres Stückes gelaufen ist. Die war ja am Samstag, Vorpremiere am Freitag. Meine Koregieassistenz (die im Moment irgendwo hinter mir sitzt. Aus irgendeinem Grund rennen wir uns ständig über den Weg.) hat den Vorstellungsplan geschickt eingefädelt. Das relativ große Ensemble macht alle Arbeiten hinter der Bühne selber. Wir, als Vorstellungsdienst, haben dabei nichts zu tun. Die Premiere(n) habe ich also damit zugebracht zwischen hinter der Bühne und Garderobe hin und her zu laufen. Beides nicht sehr spannend. Die einzige Aufregung war, dass einer unserer Schauspieler direkt nach der Pause eine Tür so hart zugeschlagen hat, dass sich ein Vohang drin verklemmt hatte und sie darum nicht mehr richtig zuging. Ich wusste nichts von dem Vorhang, der auf der den Zuschauern zugewandten Seite war und musste irgendwie versuchen die Tür wieder zu zu kriegen. (Es hat nicht geklappt und wir mussten mit offenem Zuschauerraum zu Ende spielen.) Ja. Das war die spannende Geschichte der Premiere. Der eigentliche Spaß war natürlich das allgemeine Essen im Theaterkeller danach. Die Gesellschaft war spaßig, die Stimmung war gut, der Kuchen war aus-ge-zeichnet! Dann musste ich irgendwann halt wieder heim... - Der Drama-Dramatiker

Der ganzen Sonntag hatte ich dann frei. Frei heißt 60 Seiten Literaturgeschichte, ein Drama und ein Kapitel Lingusitik (was ich einfach nicht gemacht habe) zu lesen. Ein ruhiger Tag also. - Der Student.

Ich habe mich entschlossen jetzt über eine Phrase zu referieren, die mir in den letzten Jahren sehr teuer geworden ist. Ein Ausdruck, der mir geholfen hat mein Leben besser in den Griff zu bekommen. Der mir beigebracht hat mit Verpflichtung und Verantwortung umzugehen. Sie schenkt mir väterlichen Schutz vor meinem schlechten Gewissen und mütterliche Liebe, wenn ich sie brauche. Sie hilft mir meine Zeit in den Griff zu kriegen und klug eingesetzt, kann sich so mein Leben von dem gestressten Leben eines Theater und Medienstudenten mit schlechter Kombinationsfachwahl, der unentgeltlich im Theater arbeitet, jeden Monat ein anderes Projekt in die Hand nimmt und in seiner beschnittenen Freizeit Serien schaut, dabei versucht sein Sozialleben zu erhalten und irgendwie noch Schlaf ab zu bekommen, in das eines interessierten Studenten, der trotz seiner zahlreichen Hobbies einen gesunden Teint (naja.) und ein frivoles Funkeln in den Augen zu verwandeln. Mit einem schneidigen Grinsen, einer verwegenen Frisur und den scharfen Sinnen eines Adlers. Mit dem Geist eines Künstlers[7], der Wortgewandheit eines Rhetors, und der Bildung der großen Alten.[8]
Wie kam ich dain? Ach ja. Die Phrase. Es handelt sich dabei natürlich um die „Einfach nicht machen“ Phrase, die in ihren schillernden Variationen den Alltag erleichtert. In ihr steckt eine Lebensweise, eine ganze Philosophie, die ich mir zu Eigen mache. Aber wie wir alle wissen kommt mit so einer Macht immer große Verantwortung. Ich zeige das an einigen praktischen Beispielen des Wochenendes.

Linguistik Vorbereitung? – Einfach nicht machen. Läuft. In der Vorlesung wird alles noch mal haarklein erläutert.

Geschichte und Ästhetik der […] Medien? – Einfach nicht hingehen. Neinnein. Klausur wird passieren und es gibt kein anderes Vorlesungsmaterial, als die eigene Mitschrift. (Bummer. I know.)

Das Treppenhaus kehren? – Einfach nicht machen. Geht, weil wir im obersten Stock wohnen und da wirklich nicht viel Dreck ist.

Die Wohnung putzen? – Einfach nicht machen. Unbedingt sein lassen! Ist die Wohnung sauber, wenn sich Mitbewohnerin das nächste mal langweilt, hat sie nichts zu tun! Christliche Nächstenliebe untersagt mir jemals die Wohnung zu putzen! – Der Bademantelmann



[1] Übertreibung

[2] Slang:Universitätsbibliothek

[3] Das Thema ist zu cool, um es jetzt schon zu enthüllen.

[4] Neuere deutsche Literaturwissenschaft. – Wow, war das eine ernst gemeinte Fußnote?

[5] Wann hat der eigentlich das letzte mal geschrieben?

[6] Wie viele? Alle!

[7] Vielleicht das einzige, was nicht maßlos übertrieben ist. Leider auch nicht unbedingt ein Kompliment.

[8] Denke: Aristoteles, nicht Cthulhu

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