Montag, 12. Dezember 2011

Unitagenbucher: Was alles passur als ich aufwoch

Lange habe ich jetzt überlegt, wie ich diese Geschichte erzählen sollte. Eine innerer Monolog hat nicht funktioniert, und als ich heute morgen die Geschichte dem Baron in ihrer ungeordneten Reinform erzählte kam sie leider so gar nicht an.

Um die Transzendentalpoesie ein bisschen weiter zu betreiben, einige Anmerkungen dazu:
Ich bemühe mich Dinge aus zu lassen wo sie unnötig sind, und sie da zusammen zu ziehen, wo es dem Verständnis dient. Ich versuche nur die Wahrheit abzubilden und „künstlerische“ Verschönerungen sein zu lassen. Darum ist diese Erzählung auch ein echter Teil der Unitagebücher und kein Gefasel. Sie hätte sich in ihrer vollen Breite, für die mir hier jetzt die Zeit fehlt, nämlich sehr wohl dafür geeignet. Aber ich will einen Dokumentarfilm und keine Fiktion daraus machen, denn es war trotz allem ein wegen seiner Gemütlichkeit sehr besonderer Abend. Ich will auch nicht eine alkoholische Pathologie dazu schreiben, weil es mir - gegen der Mode der modernen, meist mündlichen Partyberichte – für vollkommen unwichtig erscheint, wo es nicht Teil des dramatischen Bogens ist. Zuletzt versuche ich in meiner leicht paranoiden Anlage Personen zu schützen alle genaueren Bezeichnungen sein zu lassen. In seiner ganzen Pracht ist der Abend sicherlich nicht für das Internet geeignet.


Es fing alles wie alle meine schönsten Erinnerungen in dieser Stadt im Theater an. Im Theaterkeller – der eingebauten Kneipe wo man nach den Vorstellungen immer noch ein bisschen trinken und essen kann – saßen wir zu viert an der Bar. Eine von uns ging früh, die anderen beiden sollten mich noch bis zum Ende des Abends begleiten. Eine sogar noch länger. Die Zeit verging schnell an dem Abend, aber es gab keine Minute, die ich nicht genoß. Zu Beginn drehten sich die Diskussionen noch um Mützen, Leute vom Theater und anderen Smalltalk. Dann wurden wir sehr schnell weniger. Die verbliebenen zehn (oder so= scharrten sich schnell um einen Tisch. Es begannen die interessanteren, vor allem lehrreichen Diskussionen. Ich redete mit einer Homosexuellen aus Norddeutschland, die mir den Unterschied zwischen einer traditionellen Ehe und einer homosexuellen Lebenspartnerschaft erklärte. Eine Ehe, die nur zwische Mann und Frau geschlossen werden kann, ist das „Teilen von Tisch und Bett“. Deshalb können die Katholiken eine Ehe die nicht vollzogen wurde anfechten und sich so ihre heiligen Sakramente erhalten. Eine Partnerschaft funktioniert nur zwischen Gleichgeschlechtlichen. Hier wird außerdem nur der Tisch geteilt. Sex ist also kein Bestandteil dieser Ersatzehe.

Einigen wird jetzt die gleiche Frage in den Kopf springen wie mir gestern Abend. Gibt es auch eine Partnerschaft, die einen nur dazu verpflichtet das Bett zu teilen, nicht aber den Tisch? Diese Frage warf natürlich eine Diskussion in der sehr bunten, aber vorwiegend natürlich liberalen (eher gesellschafts- und links-liberal, als kapitalistisch-liberal. Also die gute Seite der Medaille.) Theatergesellschaft. Ich erklärte danach mein Konzept der Polypartnerschaft, in den man seine unterschiedlichen (sexuellen, intellektuellen, sozialen, usw.) Bedürfnisse bei anderen Partnern befriedigt. Immer wenn ich das in meinem Kopf durchgehe komme ich sehr schnell zum Haken an der Sache. Das was mir immer einen Strich durch die Rechnung macht. Man wird sich verlieben, und mit dieser Person will man möglichst viel teilen. Das wird in einem Aspekt aber nicht funktionieren und daran beginnt es zu scheitern. Die Runde war inzwischen wach geworden. Bemerkt sei auch, dass an dieser Stelle bereits ausreichend Alkoholika getrunken wurden. Ich meine selber schon ein paar Weinschorlen getrunken zu haben, und das obwohl ich inzwischen sehr schüchtern und vorsichtig in der Gesellschaft auf diesem Gebiet geworden bin. Aber ich fühle mich ja sehr wohl da... Eine befreundete Grundschullehrerin begann dann mein Leben zu analysieren, wie sie es gerne tut. Ausgehend vom Frauenverschleiß in Kombination mit der eben aufgestellten Polypartner-These.

Die Runde wurde kleiner und die Bar wurde geschlossen. Geschlossen heißt, da es ein sehr privater Rahmen ist, dass Selbstbedienung mit anschreiben gilt. Also eigentlich wurde die Bar geöffnet. Irgendjemand gibt dann immer eine Runde Ramazotti aus und meiner Erfahrung nach ist Ramazotti der Punkt an dem ein gemütlicher Abend zu einer lange Nacht wird. Wir waren wieder vier. Die vierte Person war diesmal jemand anderes, aber man die Qualität der Gesellschaft ist deswegen kaum gemindert. Es folgte ein „Ruby Tuesday“ Duett, sowie die obligatorischen Beatles Schlager. Zum Glück ist die Bar im Keller und das Theater umgeben von Hecken und viel Straße und Wiese. Es war ein Samstag. Es gab keine Grenzen. Es kamen einige schöne Erinnerungen zustande, die hier aus Kontext und Persönlichkeits Gründen nicht viel Sinn machen würden. Einmal sprach ich den Satz „Alles was man braucht kann man sich von woanders holen“ (Es ging natürlich wieder um die Polypartnerschaft) wurde ich, weil dieser Satz fälschlicherweise als Angebot verstanden wurde ausgelacht und mit einem: „Is oke, ich ruf dich dann halt an...“ 'abserviert'. Mit einems ehr fruchtigen und (den Kopf) klärenden Coktail gingen wir nach draußen Richtung Heimat.

Das dachte ich zumindest. Links und Rechts hackten sich Kollege und Kollegin ein und nahmen mich mit. „Aber ich wohn doch da drüben...“

Wir landeten in des Kollegenswohnung, wo wir uns noch einmal sehr nett unterhielten und zwischenzeitlich in die alkoholische Selbstreflexion verschwand. (Ich habe beschlossen mein Leben zu ändern und mich auf die Sachen zu konzentrieren die mir wirklich wichtig sind. Theater und Studium! Ade, schöne Welt der Serien, uns bleiben die Ferien und die Rente...) Gentleman der ich bei Zeiten versuche zu sein brachte ich danach noch Madame heim, natürlich nicht ohne ihr Gepäck tragen zu müssen. Hier endet der alkoholische Ausflug. Mein Ziel wenigstens einmal Gedächtnislücken zu haben habe ich leider wieder nicht erreicht. Das hebe ich mir vielleicht für die goldenen Jahre auf. Wir kamen relativ schnell voran, und dank den physikalischen Prinzipien Gewicht und Gegengewicht auch ziemlich geradlinig. Ich kannte den Weg nicht und war zwischendurch völlig verloren, fand dann den einheimische Lidl wieder, aber könnte auch heute nicht mehr den Weg von da zu ihrer Wohnung wieder finden. Da angekommen lehnte ich die Einladung nach oben natürlich nicht ab. Wir unterhielten uns jetzt noch sehr lange über Stanislawski und Meisner und warum ich unbedingt im „Sturm“ mitspielen sollte. Wasser auf die Mühle, in der ich davor beschlossen hatte mich auf meine Fächer Theater und Medien zu konzentrieren. (Übrigens: Im Frühling werde ich in Shakespeares „Sturm“ mitspielen.) Man wird ja dann immer sehr schnell melancholisch und wir fingen an ehrlich zu werden. Etwas das man bei Theaterleuten sonst stellenweise nur und stellenweise nie findet. Ich meine einige verhängnisvolle Deals in dieser Nacht gemacht zu haben. (Ein Deal wird wohl nochmal für einen eigenen Eintrag hier sorgen.) Aber wie es heißt: Betrunkene und Kinder sagen die Wahrheit. Es ist nichts, was ich heute bereue, und damit habe ich meine erste und wichtigste Regel zum Alkoholkonsum eingehalten. Dann bemerkten wir schnell, dass es halb Acht in der Früh war. („Es ist die Lerche, nicht die Nachtigall!“) und ich beschloss mich auf den nach Hause weg zu machen.


Der letzte Teil ist der eigentliche Hauptteil der Geschichte. Die Pointe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Punkt nur funktioniert, wenn ich den Abend davor erzähle, auch wenn er streng genommen keine echten Zusammenhänge hat. Ich Versuche die Entfremdung, die ich heute noch für diesen Moment empfinde sprachlich dar zu stellen.


Als uch dann in meines Bott aufwoch fuhlte es sich komisch on. Min Sichtfeld war nucht ganz geklart, und ulles war argendwie duppelt. Das Bott war zimlich tuf und oof meines rechten Schulter lustete Etwas. Der Arm jensuts war taub und fuhlte sich heeß an. Ich hutte den Schlaf noch nucht aus menen Ogen gerubt, da erhab sich ein kliener Kipf vun eben deysem Arme. „Was machst du denn hier?“ hurte ich mich fragen, nuchdem ich senkrechten, als eine Kerze, in menem Bett ufgestanden war. „Ich wohne hier!“ antwartete die Gestalt zwuschen meinen Laken. Mich wosste, dass sie lug. „Was macht dann mein Bett in deiner Wohnung?“ „Das ist mein Bett.“ Einige Sokunden vergungen, wahrend mich ich eingehend mit der umgabenden Umgubung befoß. Der duppelte Kupf hotte Rucht. Ich befund mich am fremden Urte. „Oh.“ quattierte ich den Konvirsotian und drohte mich zum weiter schlufen.


Dieser Moment, wie ich ihn sonst nur aus dem Kino kenne, geschah in den ersten Sekunden nach dem Aufwachen in dem man oftmal sehr verwirrt wieder findet. Manchmal weil man an einem ungewohnten Ort ist und manchmal weil man einfach nicht mehr weiß welcher Tag verdammtnochmal heute ist (Das passiert mir oft, wenn ich auf ein bestimmtes Ereignis, gefürchtet oder ersehnt Hinlebe, wie eine Premiere, eine Klausur oder etwas ähnliches). Dann kamen die Erinnerungen natürlich sehr schnell zurück. Madame meinte ich sollte doch einfach hier schlafen und sobald ich auf die weihe Matratze fiel (ful) schlief ich ein.

Long story short: Erst abends um sechs schaffte ich es richtig auf zu stehen und mir was zum essen zu machen. Ich entschloss mich alle Verpflichtungen „einfach nicht zu machen“, wie es sich in der Vergangenheit ja sehr bewährte. Während ich den frühmorgentlichen Alkohol noch spürte, ließ mein Alter keinen Kater zu. (in – your – face).


So sah also mein Wochenende aus. Es ist wohl so eine Geschichte bei der man dabei gewesen sein muss. Oder die man zumindest besser aufarbeiten müsste, als mein bescheidenes Hirn es um diese Uhrzeit in Eile vermag. Aber ich denke ich habe einen ganz guten Eindruck vermittelt in welch angenehmer Gesellschaft ich mich befinde und warum Theater cool ist.

- Der Taugenichts.

4 Kommentare:

  1. oioioioioioioi.....
    theater ist cool, weil man in fremden betten aufwachen und sie für das eigene halten kann?!?!?!?

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  2. Ja und ist das nicht großartig? Das ist eines der Dinge, die ich in meinem Leben unbedingt noch erleben musste! Je länger ich drüber nachdenke, desto göttlicher kommt mir dieser kurze Moment der morgentlichen Verwirrung vor. Das ist die Art von Ohnmacht, aus dem die schönsten Träume und die bizarrsten Alpträume gemacht sind!

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  3. und war es nun traum oder alptraum?

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  4. Es ist die schönste Art von Traum. DIe einzige Art von Traum, die mir nicht den Magen umdreht.
    Der Traum, der kein Traum ist, sondern Realität.

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