Mittwoch, 21. Dezember 2011

Unitagebücher: Wie mein Studiengang die NDL gewann

Nachdem ich jetzt wieder etwas mehr Zeit an den Händen habe, versuche ich etwas öfters zu erzählen was alles so passiert ist. Und weil ich es angedroht habe:

Previously: Ich habe euch erzählt, wie ich das Wochenende damit zugebracht habe auf meine zweite NDL Teilklausur zu lernen und die ganze Restzeit mit der Theatergruppe draufgeht, insbesondere dem großen Blonden und der schönen Juristin. Außerdem habe ich mich überreden lassen in Shakespeares Sturm mit zu spielen.

Am Dienstagmorgen entschloss ich mich zwei Stunden vor der frühsten Vorlesung der Woche[1] einfach nicht hin zu gehen.[2] Der Grund war einfach: Die Vorlesung ist sinnentleert, ich kenne sie schon und Lernen war im Moment wichtiger. Das tat ich dann natürlich nicht. Was ich aber tat war meine Zimmertür mit der Küchentür zu vertauschen, was ein ziemlicher Akt war, da das Schloss der Küchentür zu schmal ist. Schlösseraustauschen funktionierte nicht – ein Fakt den wir erst bemerkten als wir beide Schlösser abgeschraubt hatten. Ich sage wir, weil ich das Anhängsel meiner Mitbewohnerin zu Hilfe zog[3], der so was tatsächlich gerne macht. Wir mussten also viel schleifen, klopfen und hämmern, damit das Schloss dazu passt. Wieso das Ganze? Ich wollte endlich eine Tür ohne Fenster in der Mitte haben. Blick- und schalldichter als je zuvor, leider auch etwas kahler. Ich überlege mir wie ich jetzt meine Tür gestalten kann.
Als nächstes war ich eine Hose kaufen. Neinnein, nicht für mich, sondern fürs Theater. Mit unserer Schneidereichefin nämlich, die eine für mein Kostüm brauchte. Es war ein bisschen merkwürdig. Ich war noch nie mit jemand anderem Hosen kaufen als mit meiner Mutter[4] und ich habe mich irgendwie falsch gefühlt. Aber was tut man nicht alles. Danach ging es zum Mittagessen in die Mensa mit einem uralten Freund aus der Schule, der gerade in der Stadt war um seine Freundin zu besuchen, die ich auch schon seit der siebten Klasse kenne. Nach 13 Uhr ist die Mensa leider kein sehr kommunikativer Ort, also hat das alles nicht so toll geklappt. Danach musste ich zum Begleitseminar der germanistischen Linguistik. Das Seminar ist da um alle Fragen aus der Vorlesung am Vortag zu klären. Es ging nur leider um Semantik und das ist kein sehr kompliziertes Feld. Eher sehr… einfach. Glücklich machte es mich, als die Veranstaltung ausfiel und ich die ganze Woche nur noch eine einzige Unisache zu tun hatte (nämlich die Klausur). Unglücklich machte es mich, dass ich dafür extra in die Uni gefahren war und wir unser Essen so in der Mensa abhalten mussten anstatt es an einem privaten, ruhigen Ort zu machen. Alas. Ich schwang mich auf mein Fahrrad und fuhr zum ESZW[5]. Später traf ich meinen Regisseur[6], damit er mir das sprechen beibringt. Das hört sich jetzt albern an und genau das war es auch. Er hat mich darauf hingewiesen, dass ich alle meine S’s falsch spreche. Jetzt hat er mir beigebracht wie man das richtig tut und ermahnt, dass ich das ja in meiner Alltagssprache machen soll. Zur Folge hat das, dass ich jetzt spreche wie ein Zweijähriger und über jedes S stolpere. Außerdem lese ich was ich jetzt schreibe zur weiteren Übung laut vor. Sehr anstrengend und gar nicht witzig. Kindergarten, echt. Aber was tut man nicht alles für… äähm. Geld? Nein. Die Kunst? Als ob. Ich weiß an dieser Stelle wirklich nicht wofür ich das tue, also nenne ich einfach mal die linguistische Selbsterziehung. Ich kann nicht Linguistik[7] studieren und keine Ahnung davon haben wie man seine alveolaren Frikative ausspricht.
Ich lief also den restlichen Abend auf und ab und brabbelte S-haltige Sätze vor mich hin. Manchmal auch Sätze die bewusst kein s haben, mit der Überlegung, ob ich das S nicht einfach ganz vermeiden kann. Klappte nicht sehr gut. Dann tat ich etwas, dass ich schon lange nicht mehr getan habe. Ich setzte mich hin und sah ein bisschen Chuck. Endlich komme ich mal in der vierten Staffel weiter. Nach wie vor hoffe ich die fünfte zum Serienfinale ein zu holen und die Weihnachtsferien erscheinen mir dafür passend. Irgendwann telefonierte ich dann noch mit dem Baron um alte Kriegsgeschichten auszutauschen und das obligatorische pick-me-up zu holen für die Dinge die da kommen werden.
Wieder mal wachte ich viel zu früh auf. Das Frühaufstehen ist eine ungemütliche Konstante in meinem Leben geworden. Ich habe in Erwägung gezogen es durchs „einfach nicht machen“ auszuschalten, aber das hat einfach nicht funktioniert. Blöd, wenn die eigenen Waffen gegen einen verwendet werden. Nachdem ich die Literaturgeschichte über die Woche gemeistert hatte, kam der verbliebene Klausurstoff dazu. Epochenbegriff, kleine Formen der Prosa, usw.
Ihr wisst ja vielleicht, dass ich noch nie in meinem Leben richtig gelernt habe. Ich habe nur die Woche vor meinem erzwungenen Matheabitur Übungsaufgaben gerechnet. Heute rede ich nicht mehr darüber. Das stupide Auswendig lernen funktionierte überraschend gut. Mein Hintergrundwissen, dass sich durch Deutsch LK und natürlich die Seminare ansammelt war mit den Schlagworten verknüpft die er uns zu genau diesem Zweck gegeben hat.
Als ich mit lernen fertig war las ich noch ein Stündchen[8] und machte mich auf den Weg zur Uni. Dieses Auswendiglernen hat einen Nachteil. Neben dem offensichtlichen, nämlich, dass man Lernen muss, auch noch den, dass man weiß was man kann und was nicht. Hier, meine Damen und Herren entsteht die Nervosität! Ich war fas ein bisschen nervös vor eine Klausur. Mein rational-pragmatisch beschränktes Hirn kann so was ja sonst immer ganz gut unterdrücken. Das klappte zum Glück als ich rein fuhr und die anderen bei ihrem Tanz der Nervosität beobachtete[9]. Sehr witzig, jedes Mal. Mit dem gewohnten Gefühl der arroganten Überheblichkeit konnte ich mich wieder reinsetzen und die Serenität und Gelassenheit ausstrahlen, die ich vermisst habe.[10] Er teilte das erste Blatt aus. Kindergarten Wissensfragen, für jemanden der auswendig gelernt hat. „Was ist eine Epoche?“ „Stellen sie in Reihenfolge!“ „Was sind die Merkmale des Expressionismus?“ Easy as pie! Einzig und alleine „Nennen sie die Merkmale des Märchens“ war etwas fies. Da stang [7 BE], aber mir fielen nur sechs Merkmale ein. Stellte sich heraus, dass ich das siebte gar nicht mit aufgeschrieben habe. Und hier fällt der Auswendiglerner wieder rein. Ich verstehe nicht wieso es so angelegt sein muss.
Nach fünf Minuten sah ich auf und lächelte den Dozenten an, der mir jetzt doch bitte die Interpretation geben sollte. „Ja, Herr [Taugenichts], es ist eigentlich nicht so gedacht, dass sie nach 5 Minuten mit dem ersten Teil sind.“ Er stand auf und lief auf mich zu. Im Gehen: „Ihr Blatt schaut aber schon sehr mager aus.“ „Das ist prägnant,“ erwiderte ich cool, wohlwissen, dass es seine Formulierungen waren die ich direkt aus deinem Mund auf seine Klausur geworfen hatte. Er scannte meine Aufgaben und mit den zuckersüßen Worten „total unterfordert, diese Theater und Medien B.A.s[11]
Das Gedicht, das zu analysieren war, kam von Novalis „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren“. Ich zeige es euch hier mal, weil es mir gefallen hat.

Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren

Sind Schlüssel aller Kreaturen,

Wenn die so singen oder küssen,

Mehr als die Tiefgelehrten wissen,

Wenn sich die Welt ins freie Leben

Und in die Welt wird zurückgegeben,

Wenn dann sich wieder Licht und Schatten

Zu echter Klarheit wieder gatten,

Und man in Märchen und Gedichten

Erkennt die wahren Weltgeschichten,

Dann fliegt vor einem geheimen Wort

Das ganze verkehrte Wesen fort.


Die Fragen waren wieder sehr einfach. (Welche Epoche? Weitere Dichter? Merkmale? Welches Merkmal findet sich wieder?)
Schwierigkeiten bereiteten mir die Paraphrasierung. Als Thema wählte ich „Harmonie vs. Zwiespalt“ Keine Ahnung, ob ihm das gefallen wird, sehr standsicher ist es jedenfalls nicht, wie ihr vermutlich seht. „Ursprünglichkeit“ gegen „Künstlichkeit“ wäre wahrscheinlich besser gewesen. Das hätte ja auch toll meine Facharbeit wieder aufgegriffen.

Abschließend zur Klausur: Sollte die Interpretation sein Wohlgefallen finden, wird das wohl ein solider Einser werden…

~ to be continued ~

Next time: Ich werde Manservant für unsere aus dem Verletzungsurlaub zurückkehrende Hauptdarstellerin sein müssen. Außerdem werde ich mein Projekt weiter in Angriff nehmen und einige Grundlegende Sachen klären. Das alles unter einer erschwerten Bedingung, die mir mein Stolz ein bisschen stellt. Wir werden sehen...



[1] 9:15 Uhr. Those guys are insane.

[2] Diese Phrase ist ausführlich in „Vom Warten in der Universitätsbibliothek“ erläutert.

[3] Dazu fällt mit ein Zitat der schönen Juristin ein, als sie meine Hände genauer untersuchte. Ich denke ihr Wortlaut war: „WOW, du hast noch NIE gearbeitet!“ Wahrere Worte wurden nie gesprochen.

[4] Denke ich.

[5] Der Begriff macht mich etwas nostalgisch. Wisst ihr noch, als ich hier einzog und jung und naiv war?

[6] An der maskulinen Variante des Ausdrucks von der Regisseuse zu unterscheiden.

[7] Im Viertfach.

[8] Zur Entspannung. Mark Twains „Extracts vom Adam’s diary“. Sehr kurz und sehr lesenswert!

[9] Hysterisches Lachen, Rucken auf den Stühlen und konstante Beteuerung darüber, dass sie GAR NIX können.

[10] Looks good on me! ... So. Jetzt aber genug Selbstbeweihräucherung.

[11] Tatsächllich hat er alle Lehrämtler auseinander gesetzt, mit Zwischenplätzen und allem, damit auch ja keiner spickt und uns alle im Pulk sitzen lassen. „Das sind die B.A.s Theater und Medien. Die brauchen das eh nicht.“ Elite.

4 Kommentare:

  1. tja mein kind, gewöhn dich mal dran, dass andere frauen mit dir hosen kaufen gehen... ich kann nicht mit bis du 80 bist, weißt du?
    mit anderen worten: WERD ENDLICH ERWACHSEN!!

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  2. Ich habe mich ja gar nicht beschwert. Es war nur... anders.

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  3. ja dann gewöhn dich schon mal dran, das einzig beständige im leben ist die veränderung ;)

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  4. und der blues. der blues verändert sich nie.

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