Freitag, 27. April 2012

Unitagebücher: Wednesday - When? Huh? What day?


Für den Taugenichts ist der Mittwoch der Unihauptkampftag. Fast die Hälfte seiner Veranstaltungen liegen da, frei über den Tag – und natürlich über die ganze Stadt – verteilt. Schon um zehn Uhr, muss er bei den Medienwissenschaften sein.
Natürlich hat er es am Tag davor nicht mehr ganz geschafft seinen Minivortrag zu zwei Kapiteln aus Syd Fields Screenplay. The Foundations of Screenwriting vorzubereiten. Und weil er dazu auch am Morgen keine Lust hat, beschließt er es einfach sein zu lassen und sich irgendwas aus den Fingern zu saugen. Es hatte seine ganze Schulzeit durch funktioniert wieso nicht auch hier? Die Uni ist aber eben keine Schule.
Hahaha... Ihr glaubt zu wissen wie die Geschichte weitergeht, aber jetzt wo ich euch darauf aufmerksam mache, scheint genau das umgedreht zu sein, und jetzt meint ihr, dass genau der Anschein den ich zuerst erwecken wollte, jetzt eben nicht der Fall ist.
Oder vielleicht doch? Only time will tell!
Meine Aufgabe war es Fields Drehbuchparadigma nicht vorzustellen, sondern darauf einige Fragen zu fußen. Ich malte das Model an die Tafel (so eine moderne Plastiktafel mit Filzstiften.)1 und improvisierte dann ein paar Fragen. Ich begann mit dem Anfang, hinterfragte was er da ein bisschen gesagt hat, und wo uns das hinführt, sah welche Möglichkeiten uns der erste Plotpoint gibt, und wie der aussieht, was in der Mitte so der Fall sei und schließlich was das Ende zu sagen hat. Dann schloß ich mit der eigentlich interessanten Frage, was denn passiert wenn die Story in einer anderen Reihenfolge erzählt wird und wo wir da hinkommen.
Ich hatte abgeschlossen und ein Kommilitone fragte mich, ob ich diese Fragen jetzt selber beantworte, oder ob das der Kurs macht. Das ist die Aufgabe des Kurses! Der Professor gebot mir die Diskussion einzuleiten
„Wo fangen wir an?“ fragte der übermotivierte Student.
„Da haben wir ja schon die letzte Frage. Wieso fangen wir nicht am Anfang an? Was passiert, wenn wir nicht am Anfang anfangen sondern am Ende? Wenn wir jetzt mit der letzten Frage beginnen, die uns zum Anfang führt, wohin führt uns das weiter? Sind wir dann nicht schon am Ende oder wieder am Anfang? Was hat es für Auswirkungen wenn wir das tun?“ Meine Worte waren klar und wohl improvisiert. In sauberer Reihenfolge gab ich ihm die Antwort auf seiner Frage, indem ich direkt in die Materie einstieg.
„Ich bin verwirrt“, entgegnete der Student nur.
„Und da hast du die Antwort auf die Frage.“
Er sah sich verwirrt in den Reihen um. Einige kicherten, weil sie verstanden, andere blickten genauso ratlos umher.
Ohne den hilflosen Kommilitonen aus den Augen zu lassen drückte ich mit dem Daumen die Kappe zurück auf den Stift2. „Meine Arbeit hier ist getan.“ Beiläufig warf ich den Stift aus dem offenen Fenster und verließ die Tafel.
Nach der etwas müßigen Diskussion war der Professor von meinen Ausführungen und der Leistung des Kurses begeistert. Irgendwas scheine ich also richtig gemacht zu haben. Was lernen wir daraus? Auch die Uni braucht eigentlich keine Vorbereitung und ein sterbender Mann hat dafür eh keine Zeit. Außerdem ist das Leben zu kurz, um nicht jeden Moment für ein bisschen Selbstinszenierung zu nutzen.
Der Mittwoch hatte gerade erst angefangen. Es folgte eine Vorlesung namens „Sound und Performance“ für die Theaterwissenschaften. Diese Vorlesungen sind nicht nur für uns Theaterwissenschaftler, sondern auch für die Musiktheaterwissenschaftler, die ja genau genommen schon auch Theaterwissenschaftler sind, nur halt nicht so coole. Das ist wie wenn man sagt, man bringe etwas zu Essen mit, und taucht dann mit einem Salat auf. Und um diese Zehn von Fünfzig Hanseln zu berücksichtigen wird es immer sehr musikalisch. Das ist aber eigentlich ganz angenehm, weil die Musik die Kunst ist von der ich so gar nichts weiß.
Wie es Vorlesungen so an sich haben ist aber auch das ziemlich langweilig für den Taugenichts. Der Inhalt ist zweifellos interessant, aber meine Güte, wer denkt sich denn so etwas wie Vorlesungen überhaupt aus? Und dass die Audiomediensache langweilig, weil inhaltslos, ist habe ich ja schon gesagt? Naja, vielleicht wird das ja noch was und wir machen mehr als uns Harald Schmidts SAT1 Radio Nacht anzuhören. Ich meine das ist ja unterhaltsam. Aber das hätte ich daheim halt auch gekonnt. Das Ziel der Übung ist übrigens einen eigenen Sendeplan zu basteln. Hoffentlich gibt er uns in dem Semester dazu noch ein paar Tipps.
Um 18 Uhr endlich wieder daheim, habe ich nur wenig Zeit zum Eier schaukeln, bevor es wieder ins Theater geht. Zum Glück ist die probenreiche auch schon wieder fast vorbei. Nachdem der Tag keine Pointe hat und auch ansonsten all work and no play war, hör ich jetzt einfach auf.

1Das wird später noch wichtig.
2Und? War das nicht wichtig?

Lofty Artness: Ois Fleisch ghört gaasen.




Ois Fleisch ghört gaasen. Zombie, halt.
Man beachte auch die elaborierte Signatur. Ich glaube, das war das einzige Bild, auf der sie zu finden ist. Sozusagen ein Unikat! Mit Datum!