Montag, 5. September 2011

Gefasel: Teil II Prometheus


Familien im Brennpunkt, Richter Alexander Hold, Das Model und der Freak, Myth Busters – Die Wissensjäger. Davor: Die Küchenschlacht, Zwei bei Kallwass, Die Einrichter, We are Family! So lebt Deutschland. Dann: Topfgeldjäger, Verdachtsfälle, Richterin Barbara Salesch, Jeff Corwins tierische Abenteuer, Frank – der Weddingplaner.
Der Knopf der Fernbedienung, mit dem kleinen Pfeilchen nach oben hat früher mal ein leises, aber deutlich vernehmbares 'klick' gemacht. Schon nach wenigen Wochen verging das aber. Das einzige Geräusch das entstand war die kleine Pause beim wechseln der Kanäle. Im Monotonen rauschen der Programme wie eine Konstante in der gleichen Vielfalt der Sender. Bei „Die Auswanderer“ hielt ich kurz inne. „Harald wollte nicht mehr in den einengenden Arbeitsverhältnissen seiner alten Firma arbeiten, also entschloss er sich seine Sachen zu packen und umzuziehen.“ „Mia wa's ainfach genuch, ich wollde auch ma' nen frain Freitach ham, und nich imma ersd um via nach Hause kommen. N da dachd ich mia ich geh ma' wech.“ kommentierte Harald, 42, ein Mann mit Schnauzer und Vokuhila. Er trug zu seinem weißen Unterhemd eine blaue Jogginghose mit vergilbten Längsstreifen. Er sag ein bisschen aus wie Obelix, nur ohne den Helm und mit weniger Haaren. Rot waren sie auch nicht, sondern sie hatten dieses dunkle Grau, das darauf hinwies, dass die Haare irgendwann wohl mal dunkel gewesen sind. Seine Brille war etwas zu groß um zu ihm zu passen, und der Rest seines Gesichts war haarig und schlecht rasiert. „Leider kann sich Harald den Umzug nach Mallorca nicht leisten, sein alter Arbeitgeber hat ihm einfach zu wenig bezahlt.“ „Es wa am Ende socha so, dass wia nich mal mehr nen Weihnachtsbonus bekommen haben. Und wenn doch, dann musstn wia beim Betriebsausfluch des Essen selba zahln.“ Auf RTL, auf Pro7, die siebte Wiederholung einer wahllosen Sitcom auf Kabel 1 schnell übersprungen hin zu SAT1, davor eine kurze Pause bei 9LIVE, wo ihm versichert wurde dass er der nächste Anrufer sein könnte.
Mit einem diesmal deutlich hörbarem 'klick' fiel plötzlich der Strom aus. „Shit!“ stieß ich aus. Hinter mir durchs verhangene Fenster fiel kein Licht mehr. Der Strom musste wohl im ganzen Viertel ausgefallen sein. „Penner...“ murmelte ich. Weiter etwas von Gebühren und Plattwichsern. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich fand den Weg zum Fenster. Ich zog die Vorhänge auf und sah mich um. Der Nachthimmel war das einzige Licht. Sonst sah man die Sterne in der Stadt nie und den Mond nur ganz schwach und selten. Ohne Vorhänge und mit geöffnetem Fenster konnte ich genug sehen, um meinen Weg zur Kommode zu bahnen. In der obersten Schublade fand ich die schwere, alte Taschenlampe. Aber sie ging nicht mehr. Richtig, ich hatte die Batterien für die Fernbedienung verwendet. Die unterste Schublade klemmte, doch mit ein bisschen Gewalt konnte ich sie aufstemmen und ein paar Kerzen zu Tage fördern. Das Feuerzeug hatte ich noch in der Tasche. Die Kerzenflamme war nicht sehr hell, ich konnte kaum den Boden sehen. Ich wollte sie vor den Spiegel stellen, um die Leuchtkraft zu verstärken, doch als ich da war, fiel mir ein, dass der Spiegel zersprungen war. In dem Scherbenhaufen, der immer noch am Boden lag, sah ich vielfach wie die Kerze Licht auf mein Gesicht warf. So ganz ohne Spiegel hatte ich mich meine Reflexion lange nicht mehr gesehen. Bis jetzt.
„Also Gut,“ murmelte ich. „Fangen wir eben an.“ Und Stück für Stück sammelte ich die Spiegelungen auf. Im Dunkeln ganz vorsichtig, jede einzeln, denn ich wusste nicht an welcher Scherbe ich mich schneiden könnte.

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