Montag, 12. September 2011

Gefasel: Von der Bildung


Prof. Dr. Dr. Karl Erich Schneeberger, renomierter Literatur- und Sprachwissenschaftler, kürzlich aus Asien zurückgekehrt, war für seine Abhandlung über 'Intellektualisischen Sprachstil als Zugang zur gehobeneren Bildung' bekannt geworden. Seitdem hatte er aber viele Arbeiten veröffentlicht, die ihm nach einander jede Tür geöffnet haben. Er war Experte für klassische Philologie, Hebraistik und Byzantinistik. Ein beherrschte alle europäischen Sprachen in ihren Grundzügen und die romanischen in den allermeisten Dialekten. Als ihm das zu langweilig wurde lernte er mit Leichtigkeit die restlichen slawischen Sprachen hinzu. Nach seinem wissenschaftlichen Durchbruch begann er die meisten afrikanischen Sprachen zu sprechen und orientierte sich immer weiter in den fernen Osten.
Jetzt, nach seiner letzten Forschungsreise, in der er sich auf kulturwissenschaftlichen Gebieten befand, die noch niemand westlich des Himalaya gesehen hatte, kehrte er nach Zürich zurück, um seine Professur fortzusetzen – Die Studenten sprachen selbst untereinander nur in den hächsten Tönen von ihm.
Als er an seinem dritten Tag zu Hause etwas Abwechslung von seiner sinologischen Betätigung suchte und diedie schlichte Bachelorarbeit eines Heidelberger Studenten las, runzelte er die Stirn. Sein Augen verengten sich und er griff zu seienr Leselupe. Sichtlich unbefriedigt mit seiner Beobachtun wischt er sich mit einer Hand die Brösel seiner mit Schinken belegten Sesamstange aus dem beachtlichen Schnurrbart und griff mit der anderen zum Telefon. "Frau Zumberhoser, würden sie mir bitte die Bachelorarbeit über den deutschen Jugendstil zu schicken? In meinem Druck scheint ein Fehler zu sein." Und die verlässliche Frau Zumberhoser sendete umgehend eine E-Mail mit Anhang. 'Die Vitalisierung der Literatur bis hin zum Jugendstil' "Sowas blödes," murmelte Prof. Dr. Dr. Schneeberger. Er öffnete die Datei und sucht nach Seite 14. Es schien kein Fehler zu sein. Die ausgedruckten Seiten waren ein Abbild des digitalen Flimmerns auf seinem etwas alt gewordenem Monitor. "Frau Zumberhoser, würden sie bitte mal rein kommen?" Frau Zumberhoser steckte ihren Kopf durch die Tür. Fragend hob sie die Augenbrauen. "Frau Zumberhoser, würden sie sich das bitte mal ansehen?" Durch ihren Rock konnte sie nur mit kleinen Schritten zum großen Schreibtisch des Professors trippeln. Sie beugte sich über seine Schulter und setzte ihre Brille auf, um die Stelle auf die Kerl Erich mit seinem kleinen Finger wies genauer anzusehn. "Ja?" fragte sie und wie Schneebergers Stirn runzelte sie jetzt ihre. "Was soll das?" "Das ist ein Buchstabe, Herr Professor." antwortete sie nicht ohne Verwunderung.
"Nicht das da, das da!"
"Ja, das..."
"Aber Frau Zumberhoser, das ist vollkomme unmöglich, sowas habe ich noch nie zuvor gesehen."
Die Sekräterin erhob sich und ruderte etwas hilflos mit ihren Armen. "Vielleicht sollte ich Professor Moser-Wyss holen."
"Das ist doch wirklich nicht nötig, Frau Zumberhoser, da hat sich der Student scheinbar einen Scherz erlaubt mit dem er jetzt meine Zeit verschwendet. Sowas in einer wissenschaftlichen Arbeit! Rufen sie Heidelberg an und geben sie mir Professor Schulte."
"Äh..." die Entgegnung starb auf den Lippen.
Schneeberger geriet immer mehr in Rage. Soetwas hatte er in seiner ganzen akademischen seit über vierzig Jahren nocht nicht erlebt. Nicht nur, dass der Student sich eine solche Frechheit anmaßt, Professor Schulte übergeht das auch einfach und schickte ihm die Arbeit! Eine Respektlosigkeit an allen Enden! Das ist eine persönliche Beleidigung gegen seine Stellung und seine Person!
"Ja! Herr Schulte!" Schmeeberger riss den Hörer von der Gabel sobald das Telefon klingelte. "Ja... Ja, hab ich gelesen!... Ich muss sagen, so eine Freichheit habe ich von einem Studenten noch nie erlebt! Und Sie übergehen das einfach und schicken mir die Arbeit! So respektlos wurde ich noch nie behandelt! Mit so einem Witz meine Zeit zu verschwenden! Das ist eine persönliche Beleidigung gegen meine Stellung und mich persönlich! Ich bin schwer enttäuscht, so etwas von ihnen! Einen Mann von Seriösität und Bildung!"
Frau Zumberhoser hörte besorgt das Geschrei aus dem Nebenbüro mit. Kurzentschlossen ging sie zu Prof. Moser-Wyss holen.
Als der Professor aus dem Büro gegenüber ankam fand er seinen dienstälteren Kollegen wütend durchs Büro rasen und wüste Beschimpfungen in den Hörer brüllen. Das Telefonkabel hatte sich bei seinen rasenden Schreibtischumkreisungen mehrfach um die Schreibtischlampe gewickelt.
"Ja, Ja! JA! Sie mich auch, Frau Schulte!" und Herr Schneeberger donnerte den Hörer auf die Gabel.
"Aber Professor Schneeberger, was hat ihnen der Herr Schulte denn getan?"
"Sehn sie sich das an? Sehn sie das? Hier, gleich im ersten Wort, sogar im Titel schon! Er hats sogar in seinen Namen getan! Unfassbar! So eine Respektlosigkeit!"
"Professor Schneeberger, was ist denn daran so ungewöhnlich?"
"Irgendwelche Zeichen über der ganzen Arbeit! Und Herr Schulte schickt mir das auch noch weiter! Nie bin ich so behandelt worden!"
"Meinen sie die da?"
"Natürlich! Sehn sie sonst irgendwelche Hirngespinste in diesem Text?"
"Karl Erich das ist kein Hirngespinst. Das ist ein ganz normaler Buchstabe!"
"Wie bitte? Wollen sie mich jetzt auch noch veralbern!?"
"Sehen sie mal," sagte der von Natur aus geduldige und verständnisvolle Prof. Moser-Wyss. "Hier," und schlug ein Lexikon aus dem gewaltigen Bücherregal hinter Prof. Schneebergers Schreibtisch. "Was glauben sie dann, was da für ein Buchstabe ist?"
Schneeberger beugte sich tief in das Lexikon hinein, wie er es vorhin schon bei der Arbeit tat. Dann lehnte er sich mit verständnisloser Miene zurück und sah seinen Kollegen an.
"Professor Moser-Wyss, ich habe diesen Buchstaben noch nie in meinem Leben gesehn!"

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