Mittwoch, 17. August 2011

Serienreview: Californication

Das hier habe ich lange nicht veröffentlicht, aus dem einfach Grund weil es unstruktiriert und scheiße war. Jetzt bekommt ihrs aber trotzdem.

- Der Taugenichts

So, not only are you a cadaverous lay, you also have shitty taste in movies.” – Hank Moody
Ein Kofferwort aus California (dt.: Kalifornien) und Fornicate (dt.: sich den Kehlsack aufblasen). Die Red Hot Chili Peppers haben versucht den Titel, der gemeinhin ihrem Vorzeigealbum zugeordnet wird, für sich zu beanspruchen. Allerdings geht „Californication“ auf eine `72er Ausgabe des TIME-Magazine zurück und seitdem muss sich die Funkband die Wortschöpfung teilen.
Der Protagonist „Hank Moody“ wird gespielt von David Duchovny (vormals: Agent Mulder), der gleichzeitig auch einer der Executive Producer ist. Zugeordnet wird die Serie aber vor allem ihrem Executive Producer Tom Kapinos, der zuvor „Dawson’s Greek“ schuf, und dem Consultant Stephen Hopkins, der als Second Unit Director im ersten Teil von Highlander ins Geschäft einstieg.
Wie viele Serien zeichnet sich Californication durch eine Reihe an herausragenden Nebendarstellern aus, die fünf Hauptrollen sind aber nicht weniger gelungen.
Hank Moody ist ein gefeierter Autor in einer Midlife Crisis. Seine Tochter Becca will eine heile Familie, doch die Mutter Karen heiratet lieber jemand anderen. Zumindest beginnt die Serie mit diesem Ausblick. Hank ist für den „Fornication“ Teil des Titels zuständig und bringt sich selber immer wieder in Schwierigkeiten, die er am liebsten in den Armen einer beliebigen Frau vergisst, wodurch er in noch mehr Schwierigkeiten kommt, die ihn ins nächste Bett treiben, wo neue Probleme ihren Lauf nehmen...
Dann gibt es da noch das befreundete Pärchen Charlie und Marcy Runkle. Charlie ist Hanks Agent und Freund. Von den beiden kommen Ehekrisen und Perversionen aller Art.
Als Vater der kleinen Familie taugt er offensichtlich nicht viel. Becca scheint mit vielen sehr erwachsenen Einsichten über die Beziehung ihrer Eltern auch viel mehr seine Mutter zu sein, während Karen nie von ihrem „fucked up“ Exfreund loskommt und wie eine Tochter immer zu ihrem Vater – in dem Fall den Vater ihrer Tochter – zurückkehrt. Mal ist Hank der Sohn. Dann ist er wieder der Vater. Becca wird gerne mal zur Mutter und Karen scheint längst jeder Kraft für irgendeine Rolle verloren zu haben. Dann baut Hank den nächsten Mist und Karen ist auf ihn sauer. Oder Becca. Meistens beide. Oft ist Becca gegen Karen, manchmal gegen Hank, dann wieder zeigen sich die Ähnlichkeiten zur Mutter, die sogar bis in die Schauspielerei der beiden Darsteller sichtbar wird. Dann sind sie für einen Augenblick eine glückliche Familie doch Moodys Vergangenheit kehrt zurück und alles beginnt wieder von vorne. Ein guter Teil von Californication ist ein Familiendrama. Das Drama entsteht, aber nicht durch Unfälle, Fremdeinfluss oder Pech, sondern durch simples menschliches Versagen. Wenn er am Ende der dritten Staffel glücklich ist, klopft die aller erste Folge der ersten Staffel wieder an die Tür und die Bombe auf die man so lange gewartet hat explodiert. Wieder beginnt er von vorne mit seinem Leben, und wieder schafft er es dann, wenn es ihm am schlechtesten geht, sich durch seine Arbeit an einem neuen Buch oder Screenplay aus dem Dreck zu ziehen.
Zwischendurch fliegt Hank Moody von einer Frau zur nächsten und beschwört so sein dunkles Schicksal herauf, das sich entlädt, wenn alle vier Frauen der Staffel sich zum Kaffee treffen und Hank einladen und ein betrunkener Ehemann ihn zu einem Duell mit Pistolen fordert. Wenige Folgen später findet seine Anwältin ihn in einem reichen Anwesen mit einem toten Millionär im Bad, einem ebenso toten Affen im Schlafzimmer, zwei unbekleideten, hysterischen Schwester, einem bewusstlosen Agenten und einem niedergeschlagenen Polizisten in der Auffahrt. Es ist nicht so, dass er an allem Schuld ist, was ihm passiert. Er scheint solche Situationen anzuziehen. Und sie folgen ihm auf dem Fuße. Man sieht das Unglück schon aus meilenweiter Entfernung kommen und nichts Menschenmögliches kann es aufhalten. Es ist wieder die Schattenseite des Hollywood Lifestyles die gezeigt wird, wieder wird einmal über das „Haifischbecken“ gelästert. Was die Serie aber anders macht ist die Tatsache, dass Hank nicht an diesem „System“ scheitert. Er passt fast ein bisschen zu gut in das Nachtleben der Schönen und Reichen. Hank scheitert an sich selbst. Weil er ein Mensch ist. Wenn ihm der Erfolg verwehrt bleibt, dann weil er mit der Frau seiner Vorgesetzten geschlafen hat, oder den Regisseur seines Filmes niederschlägt. Hollywood wird zwar hässlich gezeichnet, aber die Quelle dieser Abscheulichkeit wird genauso offen gezeigt.
Die Menschlichkeit der Beteiligte wird immer wieder deutlich. Oft werden unverzeihliche Fehler begangen und genauso oft werden solche Fehler verziehen. Das befreundete Runkle-Pärchen lässt sich scheiden, aber sie wohnen noch zusammen und teilen auch das Bett, wenn es gelegen kommt. Charlie Runkle, Hanks Agent, will seine Frau Marcy genauso verzweifelt zurück wie Hank Karen. Richtig böse ist sich auf Dauer niemand und Endgültigkeit scheint nicht zu existieren. Charlie und Hank stehen Seite an Seite, in einer Männerfreundschaft mit leicht homosexuellen Tendenzen, und Marcy bleibt bei Karen. Die zwei Paare ziehen sich gegenseitig hoch und runter. Dabei ist von Egozentrik und Selbstmitleid bis hin zu Eifersucht und Geilheit jedes Gefühl und Verhalten vertreten. Das Leben von allen Vieren plus Tochter bleibt nicht einfach, weil keiner von ihnen ein einfacher Mensch ist. Die Charakterzeichnung ist vielleicht der gelungene Schwerpunkt der Serie. Nirgendwo sonst gibt es Rollen die sich selber immer in Schwierigkeiten bringen ohne dabei an Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit zu verlieren. Während in vielen Serien die Charaktere irrational und platt handeln (Alles was die Handlung vorantreibt und spannender macht…) Lässt sich das Versagen sehr leicht durch menschliche Schwäche erklären. Einige Entscheidungen kann man nicht nachempfinden, aber man kann verstehen, dass sie es so empfinden.
In diesem Jahr wurde die vierte Staffel in den USA ausgestrahlt und eine fünfte ist für den nächsten Winter in Auftrag gegeben. Der zweifellose Erfolg der Serie ist kaum auf einen Punkt zu beschränken. Sind es die intermedialen Verweise auf Literatur, Musik und Medien aller Art? Die Sprache die zwischen blanker Obszönität und blumigster Bühnensprache hin und her springt? Der Sonnenbrillen Look, der in der Serie aus irgendeinem Grund ernst zu nehmen ist? Die vielen Gastauftritte und Nebenrollen von berühmten und großartigen Schauspielern? Der einzigartige Galgenhumor? Zweifellos alles davon.
Es ist schwer die Serie auf ein Thema fest zu legen. Sicher zeigt sie, dass es nichts gibt auf das man sich verlassen kann, dass Menschen auch nur Menschen sind und dass Unglück oft unvermeidlich kommt. In einer dramatischen Epik wird das kleine Leben von wenigen Menschen erzählt. Das einzige was man daran negativ kritisieren könnte ist das fehlende Mitleid des Zuschauers. Alle Beteiligten sind meistens eben selber Schuld. Nichtsdestotrotz ist es immer wieder ein wahrer Genuss zu sehen wie sich die Vergehen eines Einzelnen auf eine ganze Gruppe auswirken kann und wie sich Menschen irrational verhalten ohne unglaubwürdig zu sein. Das einzige was sicher ist, ist, dass Hank Moody mit dieser Frau schlafen wird (egal welcher). Und das früher als man es glauben kann. Tatsächlich gibt es neben der Tochter Becca und der Freundin Marcy keine(!) mit der Hank, oder zumindest Charlie, nicht schläft. Ein Meisterwerk an menschlicher Anstößigkeit und menschlichen Versagen. Hamartie in lebensnaher Form!
And now, for the very first time! You know what I'm talking about! And there it comes! Uouo! Here it is: - Der definitiv angehende Medienwissenschaftler

Hank Moody ist mein großes Vorbild.
- Der Bademantelmann

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