„Ist
sie erst mal abgeschnitten, kann man‘s nicht einfach wieder hin nähen“
sagte der Rabbiner verbittert und entsorgte den überflüssigen
Fetzen. Überall Blut und Geschrei, eine brutale Prozedur, ganz ohne
Narkose. Die Eltern sind beschäftigt, wie es heute üblich ist und
haben keine Ahnung wie es ihrem Kind geht. Der Rabbi hält es nach
oben und präsentiert es der traditionell anwesenden Kindermeute.
Entfremdet, angeekelt bleibt ihnen nichts übrig als zu klatschen,
weil der Anstand es so will. Anschließend wird das Kind unter
höchsten Anstrengungen versorgt, gewaschen und wieder angezogen. Die
Blutung ist an dieser empfindlichen Stelle sehr mühsam zu stillen.
Die anwesenden Hebammen versuchen erfolglos das Kind zu trösten.
Eine steckt ihm noch eine Süßigkeit in den Mund, bevor das Kind
schweren Herzens an die Eltern gegeben werden muss. So herausgeputzt
wird es jetzt den Eltern gezeigt, und nach ein bisschen optischer
Aufwertung offenbaren sie das Kind der Öffentlichkeit.
„Bravo!
Bravo!“ ruft das Volk! „Ein guter Schnitt, ein echter Schnitt,
ein schöner Schnitt, so schön als man ihn nur verlangen kann, wir
haben schon lange keinen Solchen mehr gehabt!“ Stolz schütteln die
Eltern Hände und lächeln in die Kamera. „Was für eine gute
Entscheidung!“ werden sie komplementiert. „Ich bin mir sicher,
ihr Kind wird ihnen dafür noch lange dankbar sein“, „Es ist
wirklich von makelloser Schönheit!“ „Dass wir nicht auch unser
Kind beschnitten haben!“ „Die positiven Folgen sind nicht von der
Hand zu weisen!“
Der
Rabbiner und seine Gehilfen stehen abseits im Schatten mit
Schweißperlen auf der Stirn. Niemand sah auf sie. Niemand kannte die
Arbeiter am Schönen Schnitt. „Ja, was können wir denn jetzt noch
tun?“ fragte eine Hebamme. Der Rabbi sah in seine Hand. Dort lag
die kleine, blutige, in sich selbst verkrümmte Vorhaut eines Kindes.
Das hier erschien in der einzigartigen Abizeitung meines Jahrgangs. Es geht also um tolle Schulreformen, vielleicht findet ihr noch etwas anderes?
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