Samstag, 8. Oktober 2011

Gefasel: Brit Mila

„Ist sie erst mal abgeschnitten, kann man‘s nicht einfach wieder hin nähen“ sagte der Rabbiner verbittert und entsorgte den überflüssigen Fetzen. Überall Blut und Geschrei, eine brutale Prozedur, ganz ohne Narkose. Die Eltern sind beschäftigt, wie es heute üblich ist und haben keine Ahnung wie es ihrem Kind geht. Der Rabbi hält es nach oben und präsentiert es der traditionell anwesenden Kindermeute. Entfremdet, angeekelt bleibt ihnen nichts übrig als zu klatschen, weil der Anstand es so will. Anschließend wird das Kind unter höchsten Anstrengungen versorgt, gewaschen und wieder angezogen. Die Blutung ist an dieser empfindlichen Stelle sehr mühsam zu stillen. Die anwesenden Hebammen versuchen erfolglos das Kind zu trösten. Eine steckt ihm noch eine Süßigkeit in den Mund, bevor das Kind schweren Herzens an die Eltern gegeben werden muss. So herausgeputzt wird es jetzt den Eltern gezeigt, und nach ein bisschen optischer Aufwertung offenbaren sie das Kind der Öffentlichkeit.
„Bravo! Bravo!“ ruft das Volk! „Ein guter Schnitt, ein echter Schnitt, ein schöner Schnitt, so schön als man ihn nur verlangen kann, wir haben schon lange keinen Solchen mehr gehabt!“ Stolz schütteln die Eltern Hände und lächeln in die Kamera. „Was für eine gute Entscheidung!“ werden sie komplementiert. „Ich bin mir sicher, ihr Kind wird ihnen dafür noch lange dankbar sein“, „Es ist wirklich von makelloser Schönheit!“ „Dass wir nicht auch unser Kind beschnitten haben!“ „Die positiven Folgen sind nicht von der Hand zu weisen!“
Der Rabbiner und seine Gehilfen stehen abseits im Schatten mit Schweißperlen auf der Stirn. Niemand sah auf sie. Niemand kannte die Arbeiter am Schönen Schnitt. „Ja, was können wir denn jetzt noch tun?“ fragte eine Hebamme. Der Rabbi sah in seine Hand. Dort lag die kleine, blutige, in sich selbst verkrümmte Vorhaut eines Kindes.

1 Kommentar:

  1. Das hier erschien in der einzigartigen Abizeitung meines Jahrgangs. Es geht also um tolle Schulreformen, vielleicht findet ihr noch etwas anderes?

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